Zum Hauptinhalt

Kompromisse in Kreativprozessen: Einblick in erfolgreiche Designprozesse

von Katharina Jung und Maurice Vink

Probleme erkennen und lösen: Kriterien als Designgrundlage

Für uns als Designer*innen gilt: Form follows function – unsere Gestaltung richtet sich nach dem Sinn und Zweck der Kommunikationsmaßnahme. Anders als Kunstschaffende verfolgen wir also nicht unsere eigene Vision, bei der wir Kompromisse eingehen müssten.

Wir definieren mit Auftraggeber*innen Ziele wie: Wer soll sich angesprochen fühlen? Was ist die Kernaussage? Wie ist die Tonalität? Und in welchem Kontext bewegen wir uns? Diese strategischen Grundlagen halten wir gemeinsam mit praktischen Aspekten fest: in Leitlinien, Guidelines oder Kriterien – also in dem Rahmen, in dem wir kreativ an einer Lösung arbeiten.

Wir haben es oft mit einer Vielzahl an Kriterien zu tun: Barrierefreiheit, technische Machbarkeit, Corporate Designs oder Mehrsprachigkeit. Das ist nichts Schlechtes, sondern bedürfnisorientiertes Arbeiten der Zielgruppe entsprechend. Barrierefreiheit mit hohen Ansprüchen an Farbkontraste und Lesbarkeit sehen wir beispielsweise nicht als Hindernis für eine moderne Gestaltung, sondern als einen wichtigen Aspekt unserer gesellschaftlichen Verantwortung.

Damit sich alle Beteiligten auf das Wesentliche konzentrieren und stets das Ziel im Blick behalten, ist es sinnvoll, diese Kriterien zu priorisieren. Projekte, bei denen unterschiedliche Anforderungen aufeinandertreffen, gelingen besser, wenn für alle klar ist, welche Bedürfnisse das Ergebnis erfüllen muss. Es gilt: Über Kriterien lässt sich besser sprechen als über Geschmack.

Der One-Concept-Approach: Wie man mit persönlichen Vorlieben umgeht

Geschmack spielt häufig eine Rolle, wenn in einer größeren Runde über mehrere Gestaltungsansätze entschieden wird. Je höher die Anzahl der Entwürfe und verantwortlicher Personen, desto schwieriger wird es, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Die oben genannten Kriterien helfen zwar, persönliche Vorlieben als solche zu erkennen und objektiver entscheiden zu können. Dennoch wird manchmal versucht, auch allen geschmacklichen Wünschen gerecht zu werden: „Ließen sich Gestaltungslinie 1 bis 3 kombinieren?“ Die Kombination von Gestaltungsansätzen mit unterschiedlichen konzeptionellen Schwerpunkten führt unter Umständen zu einem faulen Kompromiss, der niemanden wirklich zufriedenstellt.

Eine smarte und erprobte Lösung für dieses Problem ist der One-Concept-Approach: Statt der oft gängigen drei Linien wird nur eine einzelne erarbeitet. Warum ist das empfehlenswert? Mit der gleichen verfügbaren Zeit entsteht zum einen ein stärker ausgearbeitetes Konzept, zum anderen entfällt die Gefahr des Vergleichens. Geschmack spielt eine geringere Rolle, der Bedarf an Kompromissen sinkt, die Ziele und Kerngedanken – kurzum: die gemeinsam festgelegten Kriterien – stehen im Fokus.

Diese Vorgehensweise ist konstruktiv und verbindend. Es wird nicht nach Schwächen gesucht, sondern Stärken werden gemeinsam weiterentwickelt. Alle Beteiligten können so besser zusammenarbeiten und mit gleichem Budget eine bessere und gleichzeitig zielgruppenorientierte Lösung erzielen.

In Action: Kriterien > Kompromisse

Graphic Novels für die Pausentaste: Mobile first, die vielen Geschmäcker junger Menschen treffen, eine kurze Lesedauer im Web – aufgrund vieler verschiedener Kriterien wurden aus einer langen Graphic Novel vier unterschiedliche kurze.

Im Zukunftsdialog mit dem Arbeitsministerium: Bürger*innennähe, Beteiligung und Ergebnisoffenheit führten zur bewussten Nutzung echter, ungeschönter Handschriften – persönlich und menschlich, mit der verbindlichen Unterschrift des Ministers.

In Action: One-Concept-Approach

Kulturelle Bildung digital – der Preis KULTURLICHTER: Eine konsequent dynamische und progressive Gestaltung verbildlicht den Wandel in der kulturellen Bildung. Von Anfang an arbeiteten wir hier in eine Richtung – und konnten die dynamische Schrift deshalb nicht nur anskizzieren, sondern direkt zeigen.

Entdecken

  • Uns folgen