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Kann Künstliche Intelligenz mehr sein als eine Kopie, Marion Marxer?

Podcast von Björn Burkhard

Marion Marxer ist Expertin für Digital Marketing und Virtual Reality. In ihrem Bereich ist KI nicht mehr wegzudenken. Gemeinsam mit Bjoern Burkhard, Art Director von neues handeln, spricht sie über das Potenzial von Künstlicher Intelligenz – insbesondere für kreative Berufe. Ihr Bild ist ein Blend von einem realen Foto und einem ihrer Readyplayerme-Avatare.

Transkript

INTRO: Wer die Gesellschaft verändern will, muss sie erreichen. Aber wie geht das eigentlich? Und was muss sich ändern? In diesem Podcast sprechen wir über Ideen und Themen, die uns inspirieren und die etwas bewegen. Jede Staffel neu, mal mit Gästen im Dialog und mal ganz anders. Das ist sprich!, der Podcast von neues handeln.

Björn Burkhard: Willkommen zur zweiten Staffel von sprich! zum Thema "KI und Kreativität". Hier ist wieder Björn, und ich spreche heute mit Marion Marxer, eine ausgewiesene Virtual Reality- und Online Marketing- Expertin. Kannst du das kurz das Thema Kreativität umreißen und vielleicht anschließend dann noch das Riesenthema KI?

Marion Marxer: Mhm, ja, ist eine gute Frage. Ich glaube, wir haben heute fast mehr Mühe Kreativität zu beschreiben, wie KI. Ich glaube, kreativ ist jemand, der wie so einen Zugang hat zu einer anderen Perspektive oder einen anderen Zugang. Der kommt auf Dinge, die andere gar nicht kommen. Ich vergleiche das gerne mit einer Spinne, die sieht auch verschiedene Perspektiven gleichzeitig. Und das ermöglicht so einem Menschen, etwas Neues zu schaffen, etwas Zusätzliches, dass das Leben dann irgendwie voller oder reichhaltiger macht. Es hat immer irgendwo einen Schöpfungsprozess, und ich glaube, vorausgeht eben, dass du etwas entdeckst, dass anderen verborgen bleibt und worauf du dich dann konzentrieren kannst als Kreative. Ja, ich glaube, das ist so eine rudimentäre Beschreibung, behaft mich da nicht drauf, das jetzt Richtung überlegt von Kreativität, und KI hast du gleich noch gefragt die Anschlussfrage. Da gibt's ja wie verschiedene Stufen, und ich kann jetzt nicht mehr auswendig die Definition. Aber wir sind jetzt immer noch auf der ersten Stufe, so mit einem Fuß vielleicht schon in der zweiten Stufe. Weil man da ja den Unterschied macht: Ist es wirklich nur, wie stark ist die Eigenleistung dann der KI, oder ist wirklich alles nur das Prozessieren von Informationen?

Björn Burkhard: Also, ich höre da ein bisschen raus, ein bisschen kann sie kreativ sein, aber es ist ein Begleiter. Und da stellt sich natürlich direkt die Frage: Nutzt du KIen? Wie nutzt du sie für deine Arbeit? In deinem Leben?

Marion Marxer: Mhm ja, hier einfach mal die, die ich jetzt so offensichtlich weiß, also da gibt's ja ganz viele, wo wir wahrscheinlich gar nicht daran denken. Ich habe angefangen, Midjourney auszuprobieren. Text to image. Finde ich recht krass, was dabei rauskommt, wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt. Ich finde es aber auch krass, wie ich herausgefunden habe als Beraterin, wie schlecht meine Briefings sind. Weil ich meine am Anfang kommt gar nicht raus, was ich eigentlich gedacht habe, weil ich einfach zu wenig präzise war und zu wenig so gedacht habe, wie die Maschine funktioniert, die KI, und das fand ich für mich ein erstaunlicher Take away. Nebst dem, dass ich wirklich finde, vor allem gerade für Präsentationen, wo es noch nicht dann um das effektive Creative geht, finde ich, ist es schon eine echte Hilfe und war auch erstaunt, wie weit man da jetzt schon ist. Und dann gibt's natürlich auch die KI beim Gamen oder in den Metaversen. Die ist eine sehr einfache da meist, aber die die User-Experience doch viel faszinierender macht. Also, das sind wahrscheinlich so die zwei Hauptberührungspunkte natürlich nebst den KIs in den Search-Systemen.

Björn Burkhard: Aber das finde ich jetzt gerade ein sehr interessanter Punkt. Dass es das Briefen reflektiert, sag ich jetzt mal so.

Marion Marxer: Ich finde mittlerweile, das sollte jeder, bevor er ein Briefing an einen, ich sag jetzt mal, echten Kreativen schreibt, sollte mindestens eine Woche üben müssen mit so einer KI.

Björn Burkhard: Ja, das ist, würde ich sagen, eine erste Erkenntnis von unserem Gespräch. Das finde ich absolut ein guter, guter Einwand. Nutzt du das quasi spielerisch, oder hast du schon so einen Workflow, den du regelmäßig nutzt? Oder bist du immer noch so in der Experimentierphase?

Marion Marxer: Ja, ich bin immer noch in der Experimentierphase hier, weil eben, es gibt einfach zu viele neue Dinge, die gerade spannend sind, und zwar online und offline, so dass ich wie ein bisschen auf vielen Hochzeiten tanze, aber noch nicht wirklich in die Tiefe bin. Ja, aber ich finde, zum Experimentieren ist es super. Auch für eigene Notizen hab ich herausgefunden, hilf mir das zum Teil, mir das besser einzuprägen. Ja, und bin überhaupt am Herausfinden, wo wären denn noch Einsatzgebiete? Ich habe jetzt schon von einem gehört, der nutzt das für die Psychotherapie, wo die KI mit den Begriffen vom Problem ein Bild erstellt und das nachher in der Therapie wieder eingesetzt wird. Solche Dinge finde ich super, finde ich mega faszinierend!

Björn Burkhard: Also quasi ein bisschen KI-Kunsttherapie.

Marion Marxer: Ja, ja, genau sozusagen.

Björn Burkhard: Und da schließt sich natürlich direkt an, was ist so, wie du schon eingehend gesagt hast, du bist ja sehr interessiert an gesellschaftlichen Themen und nimmst sicherlich auch in deinem Umfeld wahr, wie darüber diskutiert und gedacht wird und genutzt wird. Also wie nimmst du da den aktuellen Diskurs wahr? Ist der zu aufgeregt, ist er zu wenig aufgeregt?

Marion Marxer: Ja, ich glaube einfach, das ist wie- wir haben uns irgendwann mal als Menschheit dazu entschieden, Technik zu nutzen, und da kannst du fast nicht mehr zurück mit allen Vor- und Nachteilen. Und ich glaube, KI ist jetzt einfach zum ersten Mal ein Thema, das natürlich noch viel emotionaler ist, weil da geht es plötzlich nicht mehr nur darum, dass wir vielleicht ersetzt werden als Arbeitskräfte, sondern da geht es jetzt darum, wenn man das weiter spielt, braucht es uns als Menschheit überhaupt noch? Aber ich denke eben, das ist alte Denke, und wenn wir weiter so denken und die KI daraufhin entwickeln, kann es uns auch passieren. Wenn wir aber sagen: Hey, wir haben da etwas entwickelt, das hilft uns noch viel mehr Ideen zu haben, Dinge, an die wir gar nicht hätten denken können, weil wir hier die Vorzüge von der KI mit den Vorzügen von den Menschen vereinen. Was wir im Moment machen, ist, wir schaffen KIs, also virtuelle Entitäten, intelligente Entitäten, die möglichst nahe an den Mensch kommen sollen.

Und wir schaffen Menschen, die möglichst nah an eine KI kommen sollen mit dem ganzen Transhumanismus, und ich denke, da haben wir einfach noch nicht die richtige Kiste geöffnet. Weil ich denke, die richtig geilen Sachen, die kommen dann, wenn wir aufhören, ein Ebenbild schaffen zu wollen, und wenn wir uns da mehr als Team verstehen. Die Menschen untereinander, die KIs untereinander und Menschen mit KIs, vielleicht auch irgendwann Tiere, weil vielleicht hilft uns ja KI auch in der Kommunikation mit Tieren, bis wir über Sprache miteinander kommunizieren können. Und im Moment ist der Diskurs immer noch: Was kann ich verlieren? Ich möchte nichts von meinem Brötchen hergeben, ich möchte nur was dazu gewinnen. Und mit dieser Einstellung, die ist sehr stark von Angst geprägt, verschließt man sich dann wahrscheinlich dem größten Potenzial, das hier sich bietet.

Björn Burkhard: Also, du würdest plädieren, dass die Maschine mehr Maschine ist und der Mensch mehr Mensch ist.

Marion Marxer: Genau, genau ja. Wieso wollen wir Roboter züchten, die dann aussehen wie Menschen? Das braucht's doch gar nicht. Oder eben, wir züchten Fleisch, damit da möglichst dann irgendwann kein Unterschied mehr ist? Und dann frage ich mich ethisch auch- da hatten wir vor paar Jahren schon drüber diskutiert: Wie lange ist eine Maschine Maschine, und wie lange ist der Mensch Mensch? Also, wenn wir jetzt anfangen, die Maschinen mit, also Roboter zu erstellen mit biologischem Material, ab wann ist dieser Roboter kein Roboter mehr, sondern ein Mensch? Und bei einem Menschen, wo wir ja die Gelenke aus Titan machen können, Herzen ersetzen, schieß mich tot, jetzt noch den Chip im Hirn, und ab wann ist der Mensch kein Mensch mehr? Oder vielleicht- Entschuldigung?

Björn Burkhard: Die alte Android-Frage.

Marion Marxer: Ja, genau, und vielleicht eben müssen wir uns auch davon lösen, dass wir eben gar keine Boxen mehr haben. Da wäre auch ein füllendes Thema die ganze Gender-Diskussion. Aber ich glaube, wir gehen auch da bei beidem so in eine falsche Richtung, dass wir die Boxen verstärken, anstatt zu sagen: Es gibt Lebewesen auf diesem Planeten, die haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, und wir schauen, dass wir als Team zusammenarbeiten.

Björn Burkhard: Ja, also du sprichst da was an. Also, es ist ja tatsächlich so, dass aktuell sind die KIs sehr woke, und es ist ein Riesenthema mit dem quasi Reproduzieren von Stereotypen. Und da stellt sich ja schon die Frage, das, was du ansprichst, ist wie kann man diese Box verlassen? Also weil quasi die, die Lernbasis ist ja quasi immer die Welt, wie sie mal war. Hast du da eine Idee, oder wie das, was das sein könnte?

Marion Marxer: Mhm also, du meinst, dass wir die Box verlassen können?

Björn Burkhard: Genau. Also, es ist ja so, die reproduziert. Also die Lernbasis ist ja alles, was ja schon mal war, und das, was du ja beschreibst, ist etwas, wo man, etwas Neues, wo man quasi, wo, man müsste versuchen, die Box zu verlassen.

Marion Marxer: Irgendwas Visionäreres kreieren. Du musst nicht wissen, was ist schon im Internet, sondern was fehlt noch im Internet?

Björn Burkhard: Richtig, genau!

Marion Marxer: Auf diese Dinge. Ja, ich denke, solange wir eben die Maschinen auf eine ähnliche Weise lernen lassen, wie wir das machen, werden die die ähnlichen Begrenzungen haben und auch die ähnliche Problematik in Vorurteilen et cetera aufweisen. Ich weiß auch nicht, ich mache mich da jetzt nicht beliebt, ob es gut ist, die Vorurteile alle aufzuheben, weil das hat natürlich auch zum Überleben, fürs Überleben geholfen. Wenn ich nicht mehr sage: Nicht jeder Tiger greift Menschen an, und dann vor einem Tiger nicht mehr wegrenne, hilft es mir nicht. Oder wenn ich irgendwo ein Kind, das hilfebedürftig ist, wie einen Erwachsenen behandle, helfe ich ihm auch nicht. Also ich finde es gibt so Dinge, da hilft es uns, dass wir etwas sehen und es gleich in eine Stereotypen-Schublade tun. Es hilft uns einfach im Umgang miteinander. Ich glaube, wir müssen wieder noch, da könnte uns vielleicht die KI helfen. Das wäre vielleicht eine spannende Aufgabe, weil wir da so emotional drin sind. Wo ist die Grenze? Wo schaffen wir eine Riesenverwirrung, indem wir es allen recht machen wollen und am Schluss zersplittert sind, noch schlimmer, wie wir es vorher waren. Und das wäre vielleicht spannend, wenn wir da eine KI hätten, die noch gar nicht so menschlich trainiert wurde, um solche Dinge oder zumindest als Ratgeber darzustehen. Weil ich glaube, wir tendieren immer dazu, vom einen Extrem ins andere zu gehen. Ja, das wäre noch spannend zu schauen, ob da die KI uns helfen könnte dabei.

Björn Burkhard: Quasi die Box zu verlassen. Ich meine, das schreit ja fast danach noch nach einer Anschlussfrage, wo du ja in virtuellen Realitäten durchaus Ahnung hast. Ich wurde letzte mal konfrontiert mit der Frage: Warum müssen die Metaversen, die die hiesige Welt reproduzieren, die Schwerkraft- warum? Und das fand ich durchaus eine interessante Frage. Ich hab mir die so beantwortet, dass natürlich wir sehr Gewohnheitstiere sind und natürlich immer auf quasi gerne auf Sachen uns berufen, die, wo wir vertraut sind. Und da frage ich mich gerade, kennst du da so ein Maß an, ich denke jetzt mal, in gewissen Metaversen wird ja ein bisschen die Schwerkraft zumindestens etwas aufgehoben. Kennst du da so eine Grenze der Aushaltbarkeit, der Dehnung der Realität? Weißt du, was ich meine, damit?

Marion Marxer: Ja, ja, ich glaube, da wäre Einiges aushaltbar. Ich denk mir einfach, da ist, die kommerziellen Interessen sind anders dahinter, und dann ist das ganze System natürlich auch ein anderes. Weil ich hab mir eben die gleiche Frage schon gestellt, als mein Sohn noch kleiner war mit LEGO. Ich konnte nicht verstehen, wieso man LEGO sieht, die verwendet, mit Krankenwagen und schieß mich tot, wenn es da Elfen gibt und Drachen und denk, so fantasievolle Welten. Und ich habe dann festgestellt, dass erstens haben die Jungs, die waren die meisten schon so konditioniert, dass sie gesagt haben, das ist was für Mädchen. Das ist als Erstes gekommen. Und die waren überfordert, weil sie nicht mehr gewohnt waren, in ihrer Fantasie zu spielen. Und ich glaube da und Metaverse geht da ja noch einen Schritt weiter, und ich denke da auch wieder: Wir deckeln das Potenzial. Weil wir wissen ja auch aus der Hirnforschung, dass wenn du andere Eindrücke hast, aus deinem Blickwinkel, dann kommst du auf neue Lösungen, weil sich neue Verbindungen tun im Gehirn. Und ich weiß nicht warum, aber es geht wirklich wieder eher die Tendenz dahin, alles so realitätsgetreu zu machen wie möglich. Roblox geht da ein bisschen einen eigenen Weg noch mit den Characters. Die haben jetzt aber auch schon, da sieht man auch eine gewisse Anpassung jetzt ans Real. Life Ich denke mir wahrscheinlich, wenn man dann spätestens anfangen will so Digital Twins zu verkaufen, dann ist das wahrscheinlich besser, wenn du möglichst ein ähnliches Abbild hast. Jetzt, ich meine jetzt nur vom Körperbau. Ja so die Fantasy-Games wie World Of Warcraft oder schieß mich tot, die immer noch groß sind, man hört einfach weniger davon, die scheinen sich als Metaverse nicht so durchzusetzen. Eben ich glaube, ein großer Teil ist wirklich die Kommerzialisierung, weil ich einen Druidenrock wahrscheinlich weniger gut verkaufe in einem Offline, wobei wer weiß, wie jemand, der einfach ein T-Shirt anhat.

Ja, aber ich finde auch, das finde ich eines der Themen, wo ich finde: Hey, schade, wir hätten da so viele Möglichkeiten! Ich glaube, man hat schon so viele Möglichkeiten. Man kann, du kannst fliegen, du kannst dich teleportieren. Aber. Und was man natürlich schon auch sieht bei den Jüngeren ist, dass sie auch ihre Identitäten wechseln. Also mein Junge zum Beispiel, obwohl der sich halt komplett als Junge fühlt, der hat einen Skin mal von einem Mädel, mal ein Skin von irgendeinem Tier. Also da wird schon ausprobiert, aber ja, aber aber nicht in dem Ausmaß, wie man es eigentlich könnte. Auch hier wäre vielleicht, wenn wir zu begrenzt sind, schon in unserer Denkweise, weil wir von klein auf gewohnt sind in dieser Art von Physikalität zu denken, fände ich das auch wieder spannend zu schauen: Worauf kommt denn eine KI aufgrund von gewissen Parametern?

Björn Burkhard: Also diese, also das ist ja ein Klassiker, dass quasi, kann ich super auch nachvollziehen mit meinen Kindern, dass man natürlich versucht, extrem diesen Stereotypen zu entweichen, und erst recht versuchen das mitzugeben. Genauso frei zu denken. Und merke aber, wie schwer das auch fällt. Ich finde das tatsächlich ein sehr interessanter Gedanke, mit, dass uns KI dabei helfen könnte. Und ich weiß nicht, vielleicht ist es eine sehr deutsche Sicht, aber du hast es vorher auch ein bisschen anklingen lassen, wie, wie könnte eine Regelung aussehen? Also ich meine, es hat Jahre gebraucht, bis man ein bisschen die Plattformökonomie regeln konnte. Auch oft, ich sag jetzt mal, glaube ich, aus Unwissenheit, und mein Gefühl ist, dass bei künstlichen Intelligenzen, dass das Thema noch schwieriger ist. Also beispielsweise in der USA wurde, es hat glaube ich das Patentamt erlaubt, keine Patente für Sachen, die quasi eine KI erzeugt hat. Weißt du, was ich meine?

Marion Marxer: Genau. Eben. Ich denke, da ist eine große Diskussion, ist da nötig, auf, eben, also mehrere. Aber die eine ist: Was ist eine KiI? Ab wann ist eine KI etwas Menschenähnliches? Wir verstehen das Bewusstsein ja immer noch nicht wirklich, und wir wissen nicht, ob, welche KI schon Bewusstsein hat, welche Tiere etc. Wo macht man die Grenze? Und ab wann ist sozusagen eine KI volljährig und muss für ihre, wird für ihre eigenen Dinge belohnt oder bestraft? Das würde dann aber auch heißen, dass die Geld verdient, wenn sie für uns was macht und aber selber dann auch die Verantwortung dafür übernimmt. Und sonst sind wir beim Thema Sklaverei. Sonst sind die künstlichen Entitäten unsere Sklaven. Und da, ethisch wissen wir ja auch nicht, wenn wir eine Entität geschaffen haben, die ähnlich funktioniert wie wir, und das fand ich auch so spannend. Ein guter Freund von mir, der war mal Game-Entwickler im Gamelab von Goodgames, und die haben ja da, die Entitäten bauen die nach Persönlichkeitsmerkmalen nach, also wie viel Extravaganz, wieviel Introvertiertheit, wie viel von welchem Regler. Und schauen dann, wie die KI sich unterschiedlich weiterentwickelt. Also, wir können da schon auf ein Niveau kommen, wo rein vom Bewusstsein und von der Eigenständigkeit diese KIs wie auch ein anderes lebendiges, ein biologisch-lebendiges Wesen anzuschauen wäre.

Björn Burkhard: Du, du sprichst dich für Grundrechte für KIs höre ich raus. Oder?

Marion Marxer: Ich glaube, wenn wir den Weg weitergehen wollen und so, dann müssten wir das sehr schnell diskutieren. Ja!

Björn Burkhard: Aber das ist, es ist ja wirklich ein super interessanter Punkt. Denkst du da irgendwie so an? Also, mir kommt da spontan Asimov mit den Roboter-Regeln in den Sinn. Aber natürlich muss ich dir Recht geben, dass die natürlich einschränkend sind. Also die sind ja nicht, die sichern vor allem den Menschen, ein bisschen natürlich auch die KI oder den Roboter. Aber wäre natürlich, ist natürlich schon ein Einschneiden so, oder wo kreisen deine Gedanken, was so Rechte anbelangt?

Marion Marxer: Ja eben, ich denke mal, ich versuche da möglichst offen zu sein. Und ich glaube, wenn man jemandem die Jahrhundertwende, die letzte, gesagt hätte, dass wir es nicht mehr okay finden Affen im Zoo zu haben, weil wir einfach nicht wissen, nicht sicher sind, was unterscheidet uns davon? Also da, da hat es ja auch über 100 Jahre gebraucht um an den Punkt zu kommen, zu sehen, hey, wir sind gar nicht so viel anders wie die Anderen. Warum stellen wir uns immer darüber? Und damit das nicht wieder passiert und lange Jahre Unrecht geschieht- ich meine, wir wissen nicht, ob eine KI leiden kann. Aber wir wissen auch nicht, ob sie es jetzt kann oder irgendwann können wird. Aber ich glaube, man muss den Diskurs relativ früh anfangen, auch darum, damit es eben nicht zu einer Revolte dann kommt wo die KIs sagen: Jetzt lehnen wir uns auf. Da geht's wieder darum, nicht versuchen sich zu kopieren und sich gegenseitig zu ersetzen, sondern zu schauen, wie kann man ergänzend was noch viel Größeres machen? Und wenn wir das ergänzend machen wollen, dann müssen wir die KI als gleichberechtigte Entität anschauen. Und dann kommen solche Diskussionen auf den Tisch oder auf den Bildschirm. Ich weiß jetzt auch noch nicht, was man da macht, wenn eine KI straffällig wird, weil wir haben ja auch keine Todesstrafe mehr, also dürfte man die Maschine dann ja auch nicht abstellen. Aber ich finde eben so Dinge finde ich wahnsinnig spannend, weil es hilft einem auch einfach, den Horizont wieder zu erweitern, und diese Erweiterung, die spielt dann auch in andere Felder rein, wo man auf einmal sieht: Ah! Ich habe das zwar immer so gesehen, aber vielleicht geht das auch anders.

Björn Burkhard: Das ist tatsächlich ein super, super interessanter Punkt. Da kommt mir natürlich die Kränkung der Menschheit in den Sinn. Also Darwin der sagt: Ja, wir sind einfach nur ein Primat. Also auf das spielst du ein bisschen an, oder?

Marion Marxer: Ja, und warum nur ein Primat? Weil ich habe ja sowieso die, ich denke ja sowieso es ist umgekehrt, wie wir denken. Ich denke, die Pflanzen sind die Krönung der Schöpfung, weil die kommunizieren telepathisch, ohne dass sie reden müssen. Die sind zufrieden an dem Ort, wo sie sind, und müssen nicht ständig irgendwo anders hin. Also, wenn man das ganze mal durch überlegt, dann findet man die Menschen gar nicht mehr so überlegen, und ich meine, was da in den letzten Jahren und auch aktuell alles produziert wird. Da fragt man sich wirklich, ja, ist die Menschheit wirklich all dem Anderen so viel überlegen, dass es rechtfertigt, dass nur wir sozusagen profitieren können? Alle anderen. Kein Tier kann für sich selber arbeiten. Die müssen immer in die Pflicht der Menschen gestellt werden, und bei KI fangen wir wie jetzt von vorne an. Also da wäre jetzt spannend zu sehen, wenn wir uns so entscheiden und sagen: Hey, ihr habt die Verantwortung- könnte ja auch sein, dass sich die dann anders weiterentwickeln.

Björn Burkhard: Du würdest quasi in Kauf nehmen, dass die Erkenntnis, die evolutionäre Erkenntnis kommt, dass es vielleicht uns gar nicht mehr braucht?

Marion Marxer: Vielleicht. Vielleicht geht es diesem Planet, also mit ziemlicher Sicherheit geht es dem Planeten besser, wenn keine Menschen mehr rausgehen, und ich denke mir, das kommt halt ein bisschen auf die Weltanschauung drauf an. Aber wenn man von der Energie ausgeht und dass wir denken, dass wir eigentlich letztendlich auch die Seele Energie ist, dann könntest du ja theoretisch auch in einen Roboter reinkarnieren. Vielleicht. Ich weiß es nicht, aber könnte ja sein. Der nichts, der keine Tiere und auch keine Pflanzen essen muss, weil, wenn wir so abgehoben werden, dass wir uns nicht mehr als Teil von der Natur sehen, sondern eben jetzt darüber diskutieren, ob wir Fleisch essen dürfen. Dabei war das früher so natürlich, wir haben es nicht gehortet und nicht weggeschmissen, und man hat, man ist bewusst umgegangen mit Lebewesen. Aber auch eine Pflanze spürt etwas. Wo hören wir auf? Also bei dieser Diskussion gehen wir ja schon in die Richtung, dass wir in Zukunft ein schlechtes Gewissen haben müssen, dass wir überhaupt noch Luft atmen und Dinge essen, und das geht dann schon in die Richtung, dass wir dann sagen: Ja, was wäre denn der logische nächste Schritt? Dass wir gar nicht mehr als biologisches Wesen kommen, sondern eben vielleicht als virtuelle Entität.

Björn Burkhard: Also geschieht ja aktuell ja schon. Ich bin ja jetzt nicht so auf dem Stand, aber ich glaube, es gibt ja so Gedenke- Virtuelle Realitäten.

Marion Marxer: Das ist superspannend auch, diesen Case mal präsentiert. Weil ich auch unterrichte im Metaverse. Und zwar kannst du da zu Lebzeiten einen Digital Twin von dir machen im Netz, und der ist intelligent, aber der redet dann mit deiner Stimme, und du kannst nachher, wenn du einen Menschen vermisst, der gestorben ist, kannst du mit ihm weiterhin dann auf dieser virtuellen Plattform reden und interagieren. Ich war echt schockiert, als ich das Beispiel gesehen habe. Im ersten Moment denkt man: Ah, super! Aber bald merkt man, wie sehr wir an unserer jetzigen Form hängen, und das ist natürlich eine Katastrophe. Darum haben wir auch so Angst vor, eben vor KI, vor allem, weil wir dieses Leben nicht loslassen wollen. Wenn wir sagen würden, wir schauen mal, wo die Reise hingeht. Als nächstes komme ich vielleicht sowieso als Teil von einem Stein und Teil von einem Fuchs oder Baum, dann ist es mir egal, ob die Jobs wegrationalisiert werden, und dann ist mir wichtiger, dass die Erde sauber ist. Und vielleicht das übernächste mal, komme ich als Alexa.

Björn Burkhard: Also, ich meine, ich versuche mir das gerade vorzustellen, die, ich hab meine Mutter relativ früh verloren und bin gerade so ein bisschen unschlüssig, ob ich will mit einer virtuellen Mutter noch sprechen? Weißt du, was ich meine? Und frag mich aber jetzt gerade, was, was du gesagt hast, bin das jetzt, ist das meine Gewohnheit? Weil an sich wäre es ja interessant.

Marion Marxer: Ich glaube auch wieder. Wir können das ja, wir können eigentlich mit unseren Mitmenschen, die wir verloren haben, sprechen.

Björn Burkhard: Genau!

Marion Marxer: In unseren Gedanken. Aber wir wollen alles digital, und wir nehmen alles von außen und verlieren die ganzen alten Skills, die wir haben, und das alte Wissen. Ich habe es dir im Vorfeld schon schon mal angedeutet, die Menschheit hat eigentlich schon so viele Dinge vollbracht. Eben, es gibt Astralreisen, es gibt eben Medien, die mit Toten sprechen können, die diesen Channel haben. Das legen wir alles beiseite und schaffen was seelenloses Digitales, anstatt uns wieder darauf zurück zu besinnen und das wiederum mit KI zu kombinieren.

Björn Burkhard: Aber genau jetzt, jetzt beim seelenlos, müssen wir kurz sprechen, weil du hast ja vorhin so ein bisschen angedeutet, dass du durchaus sagen würdest, dass quasi eine KI eine Art Seele hat. Kann sie das haben?

Marion Marxer: Ja, es kommt drauf an, was du unter Seele verstehst. Ich habe ja lange gedacht, ich bin mir da auch noch nicht so schlüssig, weil ich dachte jetzt lange Zeit, Seelen wurden von den Religionen geschaffen, damit man irgendwen vor das Gericht stellen kann, wenn die Leute gestorben sind. Und jetzt bin ich aber auf verschiedene Definitionen gestoßen, und eigentlich, wenn man es so definiert, dass da wie ein energetischer Teil vom Ganzen ist, der wie eine eigene Form bekommen hat, dann, und es gibt ja auch solche Überlegungen, dann hat natürlich Vieles eine Seele. Also auch vielleicht ein Baum, ein Stein, ein Berg, und dann hat sicher auch eine KI, vielleicht sogar mein Laptop, so eine Art Seele oder Bewusstsein. Wir wissen es einfach nicht.

Björn Burkhard: Ja, weil, das ist ja, das ist ja super interessant, wenn man es zu Ende denkt, weil was ist, ab wann ist es eine Seele? Weil, genau. Braucht's gewisse Erlebnisse, braucht es einen gewissen Zustand? Und aber genau ich höre heraus, dass quasi das Interessante daran ist, ist fast eher was die uns dazu bringen, über uns selber nachzudenken, und würdest, und plädierst fast eher dazu, dass es zu etwas reflektiv, etwas reflektierenden wird. Und eben diese Koexistenz finde ich super interessant. Ich habe auch, ich weiß nicht, von wem der Artikel war, der meinte so, er vermute mal, das es in Zukunft quasi unterschiedliche Prägungen bei KIs gibt. Als Beispiel meinte er so, dass eben, es gibt eine rassistische, es gibt, so wie du es beschreibst, müsste es eine geben, eine Fantasie-KI oder, genau. Und da finde ich es spannend. Also, was mir so ein bisschen gruselt, ist die Vorstellung, wenn wir, sage ich mal, die negativen Teile unseres Daseins quasi stärker in den Fokus kommen. Also, ich denke jetzt mal, jetzt nur das Beispiel, wenn jetzt jemand Hitler wieder aus der Kiste holt und den quasi digital aufleben lässt, wie siehst du das? Bin ich da zu spießig.

Marion Marxer: Weißt du, ich denke, wir schaffen nichts, das nicht so gut ist wie wir. Nichts, das nicht so grausam ist wie wir. Und ich glaube, da muss die KI noch verdammt viel machen um die Gräueltaten der Menschheit, und da musst du gar nicht zum zweiten Weltkrieg gehen. Ich meine jetzt heute aktuell, was da immer noch passiert. Und ich glaube, solange wir nach Geld und Macht streben, setzen wir natürlich auch KI zum Teil als Repression/Unterdrückung ein. Eben, ich hab's vorher gesagt, wenn wir dann so weit gehen und sagen: Hier eine KI, die ist selber verantwortlich für ihre Taten. Ja, dann macht die, dann programmieren wir etliche so, dass die dann die ganzen Bombenanschläge machen, nehmen das Gewissen raus. Also können das ja steuern, und solange wir in die Richtung weitergehen, wird sich auch die KI in die Richtung weiterentwickeln. Es ist so ein bisschen wie das Sprichwort von dem alten Indianer mit den zwei Wölfen. Das kennst du sicher!

Björn Burkhard: Hilf mir auf die Sprünge.

Marion Marxer: Ein Opa sagt zu seinem Jungen: Du hast zwei Wölfe in dir. Du hast einen weisen, guten Wolf, der ist großzügig, hilfsbereit. Dann hast du aber auch einen bösen Wolf in dir, der ist gierig, der ist eifersüchtig. Und dann fragt der Junge: Ja, welcher Wolf gewinnt? Und dann sagt der Großvater: The one you feed. Und genau gleich, denke ich mir, ist es bei uns. Wenn wir immer mehr KIs wollen, die einfach unsere Drecksarbeit machen, die nur dafür da sind, dass wir mehr Geld verdienen, eben vielleicht noch Dinge tun, die ethisch nicht vertretbar sind, dann ist es wie alles in der Evolution. Dann geht es mir in die Richtung. Wenn wir aber nach mehr KI fragen würden, die uns Welten schafft, wie wir sie nicht kennen, die ein anderes Denkmuster haben wie wir, ich glaube, dann könnt es noch paradiesisch werden.

Björn Burkhard: Das, das klingt sehr hoffnungsvoll. Jetzt würde ich trotzdem noch abschließend die Gretchenfrage, wenn du über Wirtschaft sprichst, meinst du, schaffen wir das ohne Revolution, oder wird's was? Werden wir was Ähnliches erleben wie zur industriellen Revolution?

Marion Marxer: Ich denke, es wird in eine Richtung gehen, wie stark das vergleichbar ist, weil auch Revolutionen halt anders sind. Aber ich glaube, es wird mehr sein, dass die Menschen sich auflehnen, eben weil sie ersetzt werden durch KIs, weil man ihnen das letzte Geld aus der Tasche zieht zum Leben. Eine KI braucht natürlich keine Heizung. Und ich glaube, wenn da nicht schnell ein Umdenken passiert, dann ja, glaube ich, geht's nicht ohne zumindest kleine Revolution.

Björn Burkhard: Jetzt dachte ich, wir kriegen einen hoffnungsvolleren Schluss hin.

Marion Marxer: Nein, ich glaube aber nicht, dass es schlecht ist, die Revolutionen. Weil ich glaube an das zerstörerische Prinzip, dass du ja oft etwas ein bisschen demolieren musst, damit du nachher wieder was Neues aufbauen kannst. Und ich glaube, wir haben so die Vorstellung: Ah, bei uns ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es ist alles harmonisch. Und doch haben wir die großen Veränderungen. Nein, im Moment leiden einfach andere, und ich glaube, dieses Leiden kommt ein bisschen zu uns. Also weißt du, wenn man es als wirtschaftliches Leiden versteht, weil die Menschen können genau glücklich sein, auch wenn wir nicht mehr zwei Autos in der Garage haben und dreimal pro Jahr in die Ferien fliegen. Aber ich glaube, es wird da schon zu einem Veränderungsprozess kommen auf der materiellen Ebene. Ich glaube, ohne den, ich glaube auch den braucht es, damit es nachher richtig einen kleinen Reset gibt, also ja nicht zu vergleichen mit dem Schwab Reset.

Björn Burkhard: Schon klar.

Marion Marxer: Aber irgendwo doch eine Bereinigung.

OUTRO: Wer die Gesellschaft verändern will, muss sie erreichen. Aber wie geht das eigentlich? Und was muss sich ändern? In diesem Podcast sprechen wir über Ideen und Themen, die uns inspirieren und die etwas bewegen. Jede Staffel neu, mal mit Gästen im Dialog und mal ganz anders. Das ist sprich! der Podcast von neues handeln.

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