In dieser Folge trifft Redakteur*in Levi Kersting den Autor des inklusiven Magazins „Ohrenkuss“ Paul Spitzeck und Angela Nehme, gebürtige Syrerin und seit fünf Jahren in Deutschland. Sie sprechen über ihre eigenen Erfahrungen mit Sprachbarrieren, mögliche Lösungen – und wieso das Wissen der Betroffenen für eine inklusive Sprache wichtig ist.
Transkript
Levi: Herzlich willkommen zur neuen Folge sprich!
In dieser Staffel dreht sich alles um Barrieren. Wenn wir an Barrierefreiheit denken, fallen uns oft Rollstuhlrampen oder Blindenleitsysteme ein. Das sind alles Hilfsmittel für räumliche Barrieren. Wie vielfältig diese sind, haben wir in der letzten Folge schon angerissen. In vielen Gesprächen über Barrierefreiheit werden Barrieren leider aber oft nur auf eben dieser Ebene thematisiert.
Die Folge: Barrierefreiheit setzt oft nur bei den Barrieren im öffentlichen Raum an. Barrieren gibt es aber in viel mehr Bereichen. Heute sprechen wir über einen weiteren davon: Heute sprechen wir über Sprache.
Wir drücken mit Sprache Gedanken oder Gefühle aus, tauschen Informationen aus und können uns allgemein über alles mögliche mit ihr verständigen. Sprache bedeutet Kommunikation, sollte also im besten Fall für alle verständlich sein. Aber geht das überhaupt? Gibt es eine Sprache, die für alle verständlich ist? Und was passiert, wenn Sprache doch nicht so verständlich ist?
Angela: Es fiel mir einfach schwer, als ich immer wieder gemerkt habe: Das, was ich im Deutschkurs lerne, reicht nicht, sodass ich die Menschen verstehe. Also ich habe sie verstanden, klar. Aber sobald sie angefangen haben, schneller zu reden oder irgendwie umgangssprachlich oder so Begriffe, die man nicht wirklich im Deutschkurs hört, zu benutzen, dachte ich mir so: Ich bin raus. Es hat damals keinen Spaß gemacht, immer wieder zu fragen, was meinst du damit? Das Wort kenne ich nicht.
Levi: Ich bin kein*e Sprachwissenschaftler*in. Deshalb habe ich vor dieser Folge viel zum Thema Sprache gelesen und schnell gemerkt: Es gibt so viele Facetten von Sprache, dass lange nicht alles in dieser Folge zur Sprache kommen kann.
Fangen wir erstmal bei einem Thema an, bei der geschriebenen Sprache. Super viele Informationen bekommen wir per Text. Wir kommen täglich an Straßenschildern, Infotafeln oder Supermarktetiketten vorbei, bekommen Briefe, Mails, Textnachrichten und wenn wir gerade was nicht wissen, googlen wir das einfach fix und lesen es nach. Das ist einfach und praktisch, wird im Alltag, auf der Arbeit und überall angewendet, wo Menschen zusammenkommen.
Das passt auch nur für etwas mehr als 12 Prozent der Menschen nicht, so viele können laut der aktuellen LEO-Studio nämlich nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben. 12 Prozent klingt ja erstmal nicht so viel. Anders gesagt sind das 6,2 Millionen Menschen. Das ist mehr als jede achte Person in Deutschland. Für mehr als jede achte Person in Deutschland ist die schriftliche Kommunikation ein Hindernis. Einfach Lesen und Schreiben lernen ist für viele Menschen nämlich nicht so leicht, wie es klingen mag; eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat nämlich nichts mit Intelligenz zutun.
Paul: Sprache ist wichtig für alle und dass man auch verstehen kann, aber das können viele Leute nicht so gut sprechen. Und man muss in die Schule gehen, für Deutsch. Aber das sind viele, viele Jahre, muss man dahingehen, dass man richtig gut Deutsch sprechen kann.
Levi: Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie beschreibt Schrift als eine Art „Code“, der aus vielen, zunächst unbekannten Symbolen besteht. Diese zu entziffern oder gesprochene Sprache in diesen Code zu übersetzen, fällt Menschen mit einer Lese- und Rechtschreibstörung schwer.
Auch Menschen mit Sehbehinderungen stoßen immer wieder auf Barrieren. Zwar gibt es Screenreader, also Bildschirmvorleser, seit den 2010ern auch kostenfrei. Das sind Anwendungen, die Informationen von z.B. Websites oder Smartphones vorlesen. Diese stoßen aber auch an ihre Grenzen, wenn der Text nicht für Screenreader optimiert ist. Und im öffentlichen Raum bringen sie natürlich auch nicht viel – hier sind Menschen mit Sehbehinderungen auf Leitsysteme oder Brailleschrift, also die tastbare Schrift, angewiesen. Dass das nicht immer gegeben ist, haben wir in der letzten Folge schon festgestellt.
Auch das Schriftbild, also wie ein Text aussieht oder formatiert ist, kann eine Barriere sein. Für Menschen mit Sehbehinderungen leidet die Lesbarkeit darunter und bei Menschen mit Lernschwierigkeiten kann das zu Verständlichkeitsproblemen führen.
Warum das so ist, hat Paul mir erzählt. Er ist Barista in der KAT18-Kaffeebar in der Kölner Südstadt und Autor. Er schreibt für Ohrenkuss – ein Magazin von Menschen mit Down-Syndrom.
Paul: Wenn ich schreibe, ja – ich wünsche mir, dass die anderen, die mich jetzt hören, auch deutlich schreiben und nicht so Schreibschrift, weil das, das kann man nicht gut lesen. Aber wenn die Person Schreibschrift nur so gut kann, dann muss sie uns das vorlesen. Und größer und fetter schreiben, weil manche können nicht so kleine Schrift lesen. Größere Schriftgröße.
Levi: Auch der Inhalt eines Textes kann zur Barriere werden.
Paul: Weil, dass man auch für die Leute verstehbar ist, dass man nicht so schwere Sprache benutzt: Ähm, zum Beispiel, die Ärzte und die Ämter schreiben immer so schwere Sprache, und die versteht man nicht, wie CPU oder Bluterguss, das versteht man nicht!
Levi: Hier spricht Paul eine ganz wichtige Sache an: Die bürokratische Sprache. Dass die nicht immer verständlich ist, haben wir vermutlich alle schon mitbekommen. Ich hatte jedenfalls schon das ein oder andere Mal einen Brief vom Amt in der Hand und dachte mit – was wollt ihr von mir? Und ich war auch schon in vielen ärztlichen Praxen und musste die Infos des medizinischen Personals danach erstmal googlen. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hat ergeben, dass die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen Schwierigkeiten hat, die Verwaltungssprache zu verstehen. Diese Studie ist zwar schon ein paar Jahre alt, was für mich aber nur zeigt, dass sich seitdem nicht so viel getan hat.
Für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Menschen, die die deutsche Sprache nicht einwandfrei sprechen können, sind solche Sachen noch schwerer bis gar nicht zu verstehen. Doch gerade in ärztlichen Praxen oder bei Ämtern sind das aber Informationen, die an bestimmte Rechte und Pflichten geknüpft sind oder für die körperliche und psychische Gesundheit entscheidend sind. Hier muss eigentlich eine erfolgreiche Verständigung gewährleistet sein.
Paul: Sprache ist wichtig für alle und dass man auch verstehen kann, aber das können viele Leute nicht so gut sprechen. Und man muss in die Schule gehen, für Deutsch. Aber das sind viele, viele Jahre, muss man dahingehen, dass man richtig gut Deutsch sprechen kann.
Levi: Hierüber habe ich auch mit Angela geredet. Sie lebt seit 5 ½ Jahren in Deutschland und kam damals ohne Deutschkenntnisse an.
Angela: (…) die Termine bei den Ämtern, wo man erst mal nicht so gut deutsch spricht und einen Akzent hat, und wenn man auf Denglisch (Mischung zwischen Deutsch und Englisch) redet oder Englisch, das kommt nicht immer so gut an. Und überhaupt, das ist so – Man kann es auch irgendwo verstehen, dass die Menschen im Amt, egal in welchem Amt, super gestresst sind und irgendwie keine Zeit haben, was zu übersetzen und so weiter. Aber irgendwo habe ich auch erwartet, vor allem in einer Stadt wie Köln, so international, dass die Menschen auch ein bisschen Englisch verstehen oder mitreden, oder auf Englisch zurück Antworten. Dasselbe ist mir beim Arzt begegnet: Das war auch super schwierig. Man kriegt einen Termin beim Arzt, man wartet drauf, Ewigkeiten, und dann geht man hin und versteht nur die Hälfte davon, wenn überhaupt.
Levi: Unterstützung hat sie von Freund*innen oder Familie bekommen und hat sich viel selbst erarbeiten müssen.
Angela: Ich habe immer versucht, das irgendwie selbstständig hinzukriegen, weil das ist so eine Sache, die nicht einmalig ist. Vor allem die Besuche von den Ämtern oder von den Ärzten. Ich meine, immer wieder brauche ich eine Person. Und ich habe einfach die Sachen, die ich mit dem Arzt zum Beispiel oder der Ärztin besprechen wollte, schon vorher auf dem Blatt geschrieben, übersetzt ins Deutsche. Ganz am Anfang, schon in dem ersten Monat, habe ich Sachen auswendig gelernt, wie: „Ich spreche kein Deutsch“. Und ich hatte meinen Google Translate immer dabei parat. Also das hatte immer damit zu tun, ob die Person Zeit mit sich bringt, und wenn ja, dann konnte ich übersetzen, in dem Moment. Und wenn nicht, habe ich das einfach stumpf aufgeschrieben, was die Person gesagt hat, und hab das dann zu Hause übersetzt, um erst im Nachhinein zu kapieren: Achso, das meint Sie! Genau. Aber das hat geklappt, irgendwie.
Levi: Aber was gibt es denn für Hilfsmöglichkeiten bei Sprachbarrieren? Darüber habe ich mit Paul gesprochen.
Paul: Die schwere Sprache verstehe ich nicht, das muss man in eine Leichte Sprache umändern. Erst hat man eine schwere Sprache und die schreibt man dann nochmal in Leichter Sprache.
Levi: Eine Möglichkeit, Texte verständlicher zu machen, ist die sogenannte Leichte Sprache. Sie sorgt für bessere Verständlichkeit und folgt klaren Regeln. So werden zum Beispiel kurze Sätze und Bilder benutzt. Fachwörter oder Abkürzungen werden nicht benutzt. Texte in Leichter Sprache werden von Prüfer*innen mit Lernschwierigkeiten auf Verständlichkeit getestet, bevor sie veröffentlicht werden. Auch Paul schreibt seine Artikel in Leichter Sprache, damit sie für alle verständlich sind.
Paul: Wir machen auch Bilder, dass man das auch sehen (kann) – Dann sagt man „Robert Koch Institut“ und dann machen wir ein Haus und schreiben den Namen drauf. Ja, Bilder und Text, und es gibt so viel, die Welt, wo man das machen kann, und auf Webseiten gibt es das auch. Aber nicht viele Seiten, nicht alle, aber wenige Webseiten, haben Leichte Sprache.
Levi: Inzwischen haben die Bundesministerien und viele Ämter, Behörden oder andere öffentliche Einrichtungen ihre Texte in Leichte Sprache übersetzt. Das ist auch gesetzlich so festgehalten: Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, kurz: BITV, schreibt vor, dass öffentliche Stellen des Bundes ihre Webauftritte mit Informationen in Leichter Sprache ergänzen müssen. Ab 2025 gilt das auch für privatwirtschaftliche Seiten.
Und das ist auch gut so: Standardsprache ist nämlich nicht nur für Menschen mit Lernschwierigkeiten schwer verständlich, sondern oft auch für alte Menschen, Kinder oder Menschen mit wenig Deutschkenntnissen.
Für sie können Informationen komplett unzugänglich sein, wodurch sie in ihrer Autonomie beschränkt werden. Das gilt nicht nur für öffentliche Stellen, sondern auch für den Kultur- oder Freizeitbereich. Leider gibt es nicht für alle Bereiche gesetzliche Regelungen, obwohl überall die gleichen Teilhabechancen für alle Menschen gelten sollten.
Angela: Besonders hat es mich gestört, als ich gemerkt habe, ich bin so eine kommunikative, offene Person, die gerne Sachen unternimmt, die hier und da ist und die nicht gerne zuhause sitzt, sondern wirklich Sachen unternimmt, neue Menschen kennenlernt. Und es fiel mir einfach schwer, als ich immer wieder gemerkt habe: das, was ich im Deutschkurs lerne, reicht nicht, sodass ich die Menschen verstehe. Also ich habe sie verstanden, klar. Aber sobald sie angefangen haben, schneller zu reden oder irgendwie umgangssprachlich oder so Begriffe, die man nicht wirklich im Deutschkurs hört, zu benutzen, dachte ich mir so: Ich bin raus. Es hat damals keinen Spaß gemacht, immer wieder zu fragen, was meinst du damit? Das Wort kenne ich nicht, was ist zum Beispiel das und das Wort?
Levi: Für die gesprochene Sprache gibt es leider nicht so klare Regelungen wie die Übersetzung in Leichte Sprache. Im Sprachgebrauch lässt sich das aktuell durch die Einfache Sprache lösen. Das bedeutet, sich klar und verständlich auszudrücken und einfache Wörter zu verwenden. Um Kommunikationsbarrieren abzubauen, ist aber vor allem eines Gefragt: Awareness. Also das Wissen und das Verständnis darüber, dass nicht alle Menschen die deutsche Alltagssprache gut verstehen.
Angela: Ich hätte mir Verständnis gewünscht. Ich kann auch super verstehen, wegen Fachkraftmangel. vor allem, haben die Menschen, die in Ämtern, in Behörden, in staatlichen Institutionen, nicht wirklich die Geduld, nicht die Zeit, und sie arbeiten ja auch unter Zeitdruck. Aber wie gesagt, von einer internationalen Stadt wie Köln erwartet man schon, dass, wenn man redet, auch wenn das auf englisch ist, wenn ein paar Wörter rauskommen auf Englisch, dass die Person nicht irgendwie lauter und extra langsamer redet mit einem, weil ich kann ja hören, was die Person sagt. Aber wenn die Person lauter und langsamer redet, werde ich das nicht besser verstehen.
Levi: Wie auch bei einer Lese- Rechtschreibschwäche, kann es verschiedenste Gründe haben, warum eine Person die deutsche Sprache nicht versteht. Trotzdem ist es immer noch ein gängiges Vorurteil, dass das Verständnis einer Sprache mit Intelligenz zu tun habe.
Paul: Ich bin ein Mann, ich habe das Down-Syndrom, und die anderen Leute, die denken anders, dass wir dumm sind, aber wir sind nicht dumm. Vorurteile könnt ihr auch sagen, aber ein paar Vorurteile sind nicht so nett gegenüber uns. Zum Beispiel „M*ngo“ oder „D*wnie“, weil es eine Verniedlichung ist, und eigentlich sind wir so wie alle. Und ihr könnt uns ja ansprechen, nicht wegdrehen und weglaufen. Wir sind so wie alle.
Levi: Menschen mit Down-Syndrom haben häufig Lernschwierigkeiten. Das bedeutet, dass sie anders lernen als die meisten Menschen und häufig mehr Zeit brauchen. Das Zentrum für Aufmerksamkeitsbesonderheiten hat hierüber 2016 eine Studie durchgeführt, um die Lernerfolge von Menschen mit Down-Syndrom zu verbessern. Die Ursache für das Down-Syndrom ist keine Erkrankung, sondern die Chromosomenanzahl: Beim Down-Syndrom ist das 21. Chromosom drei Mal vorhanden, also einmal mehr als bei den meisten Menschen. Dazu sagt man auch Trisomie 21. Das Forschungsinstitut Touchdown 21 stellt hierzu viele Informationen bereit. Der Vorteil: Hier forschen Menschen mit und ohne Down-Syndrom, die Forschungen werden also von den Expert*innen selbst durchgeführt.
Barrierefreiheit steht in Deutschland auf der politischen Agenda. Unter der aktuellen Bundesregierung sollen Barrieren sollen für Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Menschen mit wenig Deutschkenntnissen und junge Familien abgebaut werden. Die Bundesinitiative Barrierefreiheit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hält in ihrem Eckpunkte-Papier fest, dass sie die Beratungsangebote für Barrierefreiheit ausbauen und ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache einrichten möchten. Bis solche Maßnahmen umgesetzt werden, braucht es natürlich Zeit. 2025 möchten sie erste Ergebnisse vorstellen.
Angela: Veränderung braucht Zeit. Veränderung braucht ganz viel Zeit, insbesondere wenn das mit politischen Entscheidungen zusammenhängt. Und der erste Schritt für jedes Problem ist, überhaupt das Problem anzuerkennen. Und solange Probleme nicht anerkannt werden, wird es super schwierig sein, eine Lösung zu finden. Aber ich denke, eine ganz pragmatische Lösung, nur als pragmatischer Gedanke, ist, die Menschen, die hier in Deutschland ganz bunt und vielfältig sind und mit ganz vielen Sprachen, Sprachtalente irgendwie mit einzubeziehen. Sei es in den Ämtern, als Übersetzer*innen oder irgendwie als Menschen, die versuchen, eine Veränderung zu machen. Durch politisches Engagement oder durch die öffentliche Thematisierung der Probleme, weil ohne über ein Problem zu reden, wird man nirgendwohin kommen.
Levi: Wenn wir also anfangen, miteinander über Barrieren zu sprechen, können wir daran arbeiten, sie gemeinsam abzubauen. Ganz wichtig ist, Bedarfe abzufragen. Wenn man zB eine Veranstaltung plant oder einen Text veröffentlichen möchte, ist es wichtig, sich im Vorhinein zu informieren, welche Maßnahmen benötigt werden, um das Vorhaben so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Inzwischen gibt es online super viele Hilfsmittel oder Leitlinien. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit stellt beispielsweise Checklisten und Fachartikel zusammen, die bei der Planung von barrierefreien Veranstaltungen, Informationsvermittlung und vielen weiteren Themen helfen. Bei den Leidmedien findet ihr super viele Infos für Medienschaffende. Und was dabei immer sinnvoll ist: Achtet darauf, dass an den Infos Menschen mitgearbeitet haben, die selbst von Barrieren betroffen sind.
Auch ist es wichtig, Verständnis über verschiedene Barrieren so früh wie möglich zu schaffen, damit Vorurteile, durch die gerade bei der Sprache häufig Barrieren weiter fortgetragen werden, gar nicht erst entstehen. Um sprachlichen Barrieren entgegenzuwirken, ist es wichtig, schon im Kindesalter die richtige Förderung zu bieten.
Angela: Ich war ungefähr vor zweieinhalb Jahren in einer OGS (Offenen Ganztags-Schule), in einer Grundschule tätig, und genau da fiel mir immer wieder auf, vor allem, weil wir ganz viele Kinder haben aus ganz unterschiedlichen Hintergründen, aus ganz unterschiedlichen Ländern, dass das System Schule extremst überfordert ist, die Lehrkräfte, die Schulsozialarbeit, aber auch alle Menschen, die im Betreuungsbereich nachmittags in der OGS tätig waren oder tätig sind. Und das ist, glaube ich, der Fall in jeder Schule, dass wir da irgendwie Sachen ändern müssen.
Die Kinder haben zwar einen Vorbereitungskurs besucht, der Kurs hat die Kinder zwar gefördert, aber langsam gefördert, und die Kinder waren irgendwie gestempelt mit dem Gedanken: Ach so, das sind die Vorbereitungskinder. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Kinder eine Chance bekommen, teilzuhaben, weil zur Schule zu gehen, bedeutet längst nicht, dass man überhaupt eine Chance kriegt. Vor allem finde ich, nach all den Krisen, die wir gerade haben, ist es super wichtig, das nicht aus dem Blick zu verlieren und mehr da reinzuinvestieren, sodass jedes Kind teilhaben kann und nicht irgendwie: „ah, die Eltern sind nicht kooperativ. Okay, dann fällt es raus aus dem Bild.“ Oder „ja, aber der ist ganz – der lernt ganz, ganz langsam Deutsch, der kommt gar nicht mit ja, dann, dann ist es so.“ Oder lauter werden mit den Kindern, nur weil sie kein Deutsch verstehen. Das ist nicht die Lösung.
Ich würde mir super wünschen, dass wir auch da immer mehr Menschen, die mehrsprachig aufgewachsen sind oder mehr Sprache einfach mit der Zeit erlernt haben, dass wir denen auch die Chance geben, in solchen Bereichen tätig zu sein, und dass wir mehr Wert auf Interkulturalität und interkulturelle Kommunikation wertlegen.
Levi: Kommunikation, die alle Menschen gleich erreicht, gibt es nicht. Aber es gibt verschiedene Formen der Kommunikation, die verschiedene Menschen erreichen. Dafür können wir die Expertise der Menschen nutzen, die selbst davon betroffen sind – in Form von interkultureller Kommunikation oder inklusiver Kommunikation.
Das nehme ich aus dieser Folge mit: Wenn ich mit Sprache arbeite oder Informationen vermitteln möchte, muss ich verschiedene Bedarfe ermitteln, die sich daraus ergeben. Super wichtig dabei ist: auf die Betroffenen hören und mit ihnen sprechen und nicht nur über sie. Barrierefreiheit steht auf der politischen Agenda, doch bis es soweit ist, können wir alle einen Beitrag dazu leisten, unser Umfeld barrierefreier zu gestalten.
In diesem Sinne: Bleibt aufmerksam und neugierig – bis zum nächsten Mal bei sprich! – dem Podcast von neues handeln.
Leichte Sprache
Die Folge handelt von Sprach•barrieren.
Das sind Hindernisse durch Sprache oder Texte.
Manche Menschen verstehen die schwere Sprache nicht gut.
Sprach•barrieren machen die Kommunikation schwer.
Levi fragt: Gibt es eine Sprache, die alle Menschen verstehen?
Das Thema hat viele Seiten.
Levi kann nicht alles in der Podcast•folge besprechen.
Levi spricht mit verschiedenen Personen über Sprach•barrieren.
Levi spricht auch mit Paul.
Paul arbeitet in der KAT18∙Kaffee∙Bar.
Paul ist Autor.
Er schreibt für das Magazin Ohren∙Kuss.
Paul sagt: Texte sollen klar und einfach sein.
Bilder machen Texte verständlicher.
Ämter, Ärzte und Ärztinnen benutzen oft schwere Sprache.
Das verstehen nicht alle Menschen.
Levi spricht auch mit Angela.
Angela lebt seit 5 Jahren in Deutschland.
Sie erzählt von ihren Problemen mit der Sprache.
Ämter und Arzt•besuche waren oft schwer zu verstehen.
Angela findet: Menschen sollen geduldig sein und helfen.
Levi spricht über Leichte Sprache.
Leichte Sprache hat Regeln.
Sie benutzt kurze Sätze.
Sie benutzt keine schwierigen Wörter.
Das hilft Menschen mit Lern•schwierigkeiten.
Es gibt Gesetze für Leichte Sprache.
Die BITV ist ein Beispiel.
Sie sagt: Öffentliche Stellen müssen Leichter Sprache anbieten.
Paul schreibt seine Artikel in Leichter Sprache.
Mehr Menschen können sie verstehen.
Zum Beispiel:
- Menschen mit Lern•schwierigkeiten
- Alte Menschen
- Menschen, die nicht gut Deutsch verstehen
- Kinder
Angela hat in einer Schule gearbeitet.
Viele Kinder sprechen mehrere Sprachen.
Manche lernen langsamer Deutsch.
Angela sagt: mehr Unterstützung für Kinder wäre gut.
Levi hat viel von Angela und Paul gelernt.
Zum Beispiel:
Zusammen können wir Sprach•barrieren ab•bauen.
Alle können helfen.
Es geht nicht nur um Politik.
Alle sollen auf andere achten und helfen.
Weiterführende Links
Zahlen und Fakten der LEO-Studie
Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)
Zentrum für Aufmerksamkeitsbesonderheiten
Forschungs-Institut Touchdown 21
Eckpunktepapier der „Bundesinitiative Barrierefreiheit – Deutschland wird barrierefrei“
Tipps zur Umsetzung von Barrierefreiheit (Bundesfachstelle Barrierefreiheit)