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Viel Gerede – und viel gesagt: Diese politischen Podcasts sollten Sie kennen

von Philipp Kunze

Stimmenfang

Der Name sagt es: Im „Stimmenfang“, dem Politik-Podcast des Spiegels, ist Demokratie das oberste Prinzip. Nicht nur Expert*innen kommen zu Wort, sondern auch die Hörer*innen da draußen. Die Macherinnen Yasemin Yüksel und Sandra Sperber lassen jede Woche eine halbe Stunde lang jene zu Wort kommen, die Meinungen bilden – und jene, die welche haben: Journalist*innen, Politiker*innen und Wähler*innen, „Wutbürger*innen“ und „Gutmenschen“, links, rechts, geradeaus, alle dürfen mal. So finden in diesem Podcast ganz verschiedene Positionen Platz, und das macht ihn so interessant und dynamisch. Teilweise teilen die Hörer*innen ihre Ansichten und Einsichten klassisch wie die guten alten Anrufer*innen im Radio. Manchmal bringen aber auch Yüksel und Sperber Menschen zusammen. So wird „Stimmenfangen“ zu einer mulitperspektivischen Plattform für politische Themen. Zusätzlicher Bonus: Der Podcast ist äußert einsteigerfreundlich. Auch die Namen ranghoher Politiker*innen werden hier nicht einfach vorausgesetzt, sondern ihre Funktion immer noch in einem Nebensatz erklärt.

www.spiegel.de/thema/podcast_stimmenfang/

Steingarts Morning Briefing

Ein Blick in die Charts reicht. „Steingarts Morning Briefing“ ist aktuell auf Platz drei der meistgehörten Podcasts Deutschlands – genreübergreifend. Jeden Morgen gibt es hier die News. Flott, zackig, pointiert, erfrischend – und vor allem hörbar. Vorgetragen mit dem Selbstverständnis eines Herren, der sich jahrelang in seinem Feld bewiesen hat. Gabor Steingart leitete sechs Jahre das Hauptstadtstudio des Spiegels und drei weitere Jahre dessen Studio in Washington, D.C. Sein Morning Briefing ist oft mehr gesprochener Kommentar als einfach nur Auflistung der Geschehnisse. Die Themen sind tagesaktuell oder haben eine übergeordnete Relevanz, oft lädt Steingart Gäste und illustre Interviewpartner*innen ein. Informationsgehalt und Wortgewalt sind groß in „Steingarts Morning Briefing“. Was den Erfolg dieses Podcasts ausmacht? Er ist unterhaltsam und informativ, er ist professionell produziert und trotzdem zugänglich. 

www.gaborsteingart.com/der-podcast/

Lage der Nation

An ihm führt kein Weg vorbei: Wer sich in Deutschland via Podcast über Politik informieren will, tut das mit „Die Lage der Nation“. Eine Viertelmillion Menschen (!) hören jede Woche zu. 201 Folgen waren zu Redaktionsschluss bereits erschienen. Das Erfolgsrezept? Die Gesprächsform! Philip Banse und Ulf Buermeyer wissen, was einen Podcast von einem geschriebenen Text unterscheidet. Ein lebendiges Hin und Her, mit unkontrollierten Einschüben und Raum, macht „Die Lage der Nation“ aus. Ein echter Dialog. Gut vorbereitet zwar, aber immer noch sehr spontan. Hier fühlen sich Hörer*innen, als seien sie direkt dabei, als säßen sie mit am Tisch. Banse und Buermeyer besprechen komplexe Themen in verständlicher und nahbarer Sprache. Und sie haben die Erfahrung und die Souveränität, diesen Ansatz durchzuziehen – das erlebt man nur selten; vor allem, wenn es um so etwas „Ernstes“ wie Politik geht. 

Jede Woche sprechen sie über ein relevantes Thema aus der Weltpolitik. Kriterium: Es muss die beiden auch selbst interessieren. Das hört man am Ende auch. In „Die Lage der Nation“ werden immer erst die Fakten aufbereitet – und dann die individuellen Sichtweisen diskutiert. Ein großartiges Beispiel dafür, wie lebendig Politik sein kann.

https://lagedernation.org

Foto von Ulf Buermeyer und Philip Banse im Freien.
Wie lebendig Politik sein kann, zeigen jede Woche Philip Banse und Ulf Buermeyer im Podcast Lage der Nation. © Ilya Lipkin

Y Politik

Politik für die Post-Tagesschau-Generation: Y Politik ist spür- und hörbar ein Podcast von Millenials für Millenials – und die Generation Z. Die Wähler*innen von morgen, wohlgemerkt. Hier ist nichts überproduziert, es gibt keine Einspieler und kein fixes Skript. Damit ist Y Politik weit weg von der öffentlich-rechtlichen Art, Politik zu vermitteln, und atmet stattdessen einen D.I.Y.-Ansatz: Unverfälscht mit Mut zum „äh“. Tanja Hille und Vincent Venus haben keinen Anspruch auf Objektivität. Vielmehr haben sie Lust, selbst zu denken und zu debattieren. Venus ist selbsternannter „social media boy“ und arbeitet bei Das Progressive Zentrum, einer Berliner Denkfabrik. Hille begleitet aktuell als Organisationsberaterin Gewerkschaften u.ä. bei Veränderungen. Mit Eifer widmen sich die beiden gesellschaftspolitischen Themen: New Work, Grundeinkommen, Stadt-Land-Disparität, you name it! Hier werden Memes zitiert und geschichtliche Exkurse eingestreut, die Sprache ist jung, die Lehnwörter neu. 

https://ypolitik.de

Jung & Naiv

Tilo Jung macht „Politik für Desinteressierte“. Völlig schmerzfrei geht er dahin, wo es weh tut. Und das seit inzwischen sieben Jahren. 2015 hat er das erste Mal eine Bundespressekonferenz in voller Länge übertragen, das hatte vor ihm noch niemand gemacht. Das Konzept von „Jung & Naiv“ ist denkbar simpel und maximal ertragreich: Jung und sein Team stellen einfache Fragen an Politik- und Medienprominenz. Fragen, die viele nicht selbst stellen würden. Weil sie Angst hätten, dass die Antwort so offensichtlich wäre. Weil sie Angst hätten, in ihrer eigenen Ahnungslosigkeit entlarvt zu werden. Aber hier kommen stets nur die Antwortenden in Erklärungsnot. Die einfachen und prägnanten Fragen demaskieren jedes inhaltsleere Reden und ausweichende Abstrahieren sofort. Stattdessen entlockt Jung seinen Gesprächspartner*innen Offenheiten, die man so selten von ihnen hört. 

www.jungundnaiv.de

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