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Neue Dialoge und Transparenz im Journalismus: Was können Community-Modelle?

Podcast von Julia Sprügel

Jonathan Sachse ist Mitbegründer von CORRECTIV. Er sagt: „(...) wir möchten Journalismus transparenter machen und Menschen auch einbinden in Phasen, bevor eigentlich Geschichten veröffentlicht werden.“ Der Journalist Georg Watzlawek verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Er hat ein Bürgerportal in Bergisch Gladbach gegründet, das kostenlose Nachrichten bietet, Mitgestaltungsmöglichkeiten und viele Gesprächsangebote zu politischen Themen schafft.

Mehr zum Thema „Vertraut euch! Wie neue Dialoge entstehen“ gibt es am 13. Juni live beim SocialSummit im Amplifier in Berlin. Unter www.socialsummit.de geht es zur kostenlosen Anmeldung.

Transkript

Julia Sprügel: Willkommen zu „sprich“, dem Podcast zu Kommunikation und Gesellschaft von neues handeln. Wir sprechen in dieser Staffel über die Frage, wie neue Dialoge entstehen, also wie wir im Dialog die unterschiedlichen Perspektiven in unserer Gesellschaft besser verstehen und wieder mehr Vertrauen zueinander aufbauen können, damit wir am Ende Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit finden, die wir als Gesellschaft mittragen. Für diese Episode habe ich mit Jonathan Sachse gesprochen. Er ist Mitbegründer von CORRECTIV, dem Recherche-Netzwerk, das gerade mit der Recherche zum „Geheimplan gegen Deutschland“ sehr viele Menschen auf die Straße gebracht hat, um ein Zeichen für Demokratie zu setzen. Aber CORRECTIV ist mehr als das, weil es den Community-Gedanken ins Zentrum stellt, also Menschen im Journalismus zusammenbringt, sei es zum Fact-Checking für Recherchen oder im Lokaljournalismus. Außerdem habe ich mit Georg Watzlawek gesprochen. Er hat ein Bürgerportal in Bergisch Gladbach gegründet, das vor Ort nicht nur kostenlose Nachrichten anbietet, sondern auch viele Gesprächsangebote zu politischen Themen.

Julia Sprügel: Lieber Jonathan Sachse, willkommen zum Podcast. Sie sind ja Gründungsmitglied von CORRECTIV, und jetzt, durch die Recherche, die viel Aufmerksamkeit bekommen hat, ist sicherlich das Recherchenetzwerk auch jedem und jeder in Deutschland bekannt. Hätten Sie das gedacht, als Sie 2014 das CORRECTIV mitgegründet haben?

Jonathan Sachse: Also das, was jetzt quasi in den letzten Monaten passiert ist, das haben wir uns zur Gründung nicht vorstellen können. Da waren wir noch quasi auf ganz anderen Baustellen unterwegs, die an so einer Gründungsphase beschäftigen. Wir waren ja auch erst mal nur sechs Personen zum Start, jetzt sind es 100 Festangestellte bei CORRECTIV. Aber so die, ich sag mal so, die Idee und die Vision, die wir für CORRECTIV von Anfang an im Kopf hatten, dass wir ein Medium sein wollen, das Journalismus neu denkt, sehr eng mit den Menschen, die Journalismus konsumieren, zusammenarbeiten möchte oder zumindest interagieren möchte, und dass wir das auch nicht nur so reduzieren wollen auf „Wir machen investigativen Journalismus“, und dann passiert das irgendwo, und mal gucken, was die anderen da so mitmachen. Das haben wir, glaube ich, von Anfang an schon in unserer DNA drin gehabt, auch wenn es noch nicht so sichtbar war. Und genau, ich glaube, jetzt kommen gerade einfach viele Sachen zusammen, die sich über die Jahre und jetzt ein Jahrzehnt mit zehn Jahren so entwickelt haben.

 Julia Sprügel: Und das haben Sie jetzt gerade schon angesprochen. Der Community-Gedanke ist ja so ein bisschen der Kern von CORRECTIV auch. Also es gibt verschiedene Formate. Sie haben den Crowd Newsroom, glaube ich, mitgegründet und sind auch Leiter bei CORRECTIV Lokal. Das heißt, vielleicht können Sie einmal so ein bisschen beschreiben, wie diese Community konkret in der Arbeit umgesetzt wird.

Jonathan Sachse: Genau, also Community ist meistens eine Verbindung bei uns aus einer Technologie, die mittlerweile zur Verfügung steht, gar nicht unbedingt immer durch uns, teilweise schon, aber auch einfach, weil wir insgesamt im digitalen Zeitalter mehr Optionen haben im Vergleich zu früher. Und das andere sind dann sozusagen die speziellen Communities, die wir rund um solche Technologien aufbauen. Und ich glaube, die Communities sind sehr unterschiedlich. Aber ein Leitgedanke bei allen Communities ist, wir möchten Journalismus transparenter machen und Menschen auch einbinden in Phasen, bevor eigentlich Geschichten veröffentlicht werden, und diese Menschen können super unterschiedliche Zielgruppen sein. Das können Journalistinnen sein, so wie das bei meinem Bereich, bei CORRECTIV Lokal im Lokaljournalismus-Netzwerk funktioniert. Das können aber auch Menschen sein, die sich einfach nur dafür interessieren, wie Journalismus funktioniert und dazu aufgerufen werden, sich an der Recherche zu beteiligen mit den Informationen, die sie vor ihrer Haustür haben, und über diese Beteiligung entsteht dann eine eigene Community. Es gibt bei uns relativ neu das Faktenforum. Das ist quasi eine Community, die sich jetzt erst entwickelt, und da war unser Gedanke: Wir wissen, dass wir Desinformation als großes Problem und Herausforderung unserer Gesellschaft haben in der ganzen Welt. Aber jetzt erst mal so aus der deutschen Perspektive, und bisher schauen wir das Thema Desinformation sehr viel an, ob quasi Sachen besonders viral gegangen sind, ob wir dann quasi Faktenchecker*innen losschicken, die etwas prüfen, ob etwas eine große Aufmerksamkeit hatte. Und dadurch gehen aber diese vielen kleineren Snippets, wo Desinformation passiert, schnell verloren. Wir haben dann überlegt, wie kann man das trotzdem angehen, sodass es auch personell möglich ist, und haben uns entschieden, das Faktenforum Community aufzubauen, wo wir einfach Menschen darin schulen, wie Desinformation überhaupt funktioniert und wie man dann auch welche erkennen kann und selber auch checken kann. Also quasi in so einer Kette, wo wir Menschen dazu befähigen wollen, einfach intelligenter unterwegs zu sein und auch andere Menschen mitzunehmen und darauf hinzuweisen, wenn irgendwo Desinformation passiert, und das total im Lokalen. Also so als Leitlinie haben wir im Kopf, wo wir irgendwann vielleicht mal stehen wollen, dass wir in jeder Gemeinde oder, sagen wir mal, in jeder Kommune in Deutschland sogar zwei Personen haben, die dann irgendwelche Fakten checken und quasi an uns übermitteln, wie das im Detail funktioniert. Vielleicht fehlt jetzt heute sowohl die Zeit, aber der Grundgedanke ist erstmal da, und das können alles Menschen sein, die Multiplikatoren sind und dann auch wieder andere Leute befähigen, besser informiert zu sein.

Julia Sprügel: Und es gibt ja auch, ich hatte gesehen, Sie machen auch was zum Thema Barrieren gerade. Also, es werden Informationen zusammengetragen, wo die Menschen auch vor Ort gucken, wo sie Einschränkungen erleben. Das heißt, auch da beteiligen Sie die Menschen vor Ort direkt an der Recherche.

Jonathan Sachse: Genau, das ist ein schönes zweites Beispiel. Dort kommt quasi unser Crowd Newsroom ins Spiel, das ist quasi unsere Plattform, die wir entwickelt haben, mit der wir Menschen in Recherchen einbinden wollen, und Barrierefreiheit ist genau da das aktuelle Projekt. Das findet in Sachsen-Anhalt statt, quasi fokussiert besonders auf drei Städte, in denen wir unterwegs sind, weil wir dort auch vor Ort Veranstaltungen anbieten. Aber es ist insgesamt für ganz Sachsen-Anhalt gedacht, mit dem MDR zusammen, und wir fragen die Menschen vor Ort, wo in eurem Alltag erlebt ihr Barrieren wo kommt ihr nicht leicht von A nach B? Das können Menschen mit Behinderung sein, das können ältere Menschen sein, die vielleicht Hilfe brauchen. Das können aber auch jüngere Zielgruppen sein, wie Familien, die mit Kinderwagen unterwegs sind, und sie können dann nutzen, quasi unser Umfragetool in dem Fall, und dort Barrieren im Alltag melden. Die werden dann direkt auf einer Karte verzeichnet. Sie können auch noch ein Foto machen, wenn das wichtig ist in dem Fall, und sonst beschreiben, worin diese Barriere existiert. Und dann gibt es bei uns ein Team, das das überprüft und quasi direkt in die Berichterstattung aufnehmen kann. Und das ganze Projekt ist so gedacht, dass man nicht eine lange Recherchephase hat und irgendwann kommt die eine große Veröffentlichung, sondern es als Gesamtwerk gedacht ist, dass man quasi diese Zeit, wir sind jetzt immer so eine oder anderthalb Wochen in einer Stadt, wo wir wirklich auch mit Reportern vor Ort am Marktplatz uns einquartiert haben, und in der Zeit also der Dialog, der mit den Menschen vor Ort passiert, den sehen wir quasi schon als eine Art Veröffentlichungsformat. Da dürfen gerne Dinge entstehen, die gar nicht online oder in Artikeln sind, sondern auch die wirklich sehr analog stattfinden, und drumherum gucken wir natürlich immer, was sind so klassische News, die daraus entstehen, wie barrieregerecht und barrierefrei sind eigentlich die örtlichen Rathäuser zum Beispiel, war so eine Geschichte, die jetzt zum Start direkt gekommen ist. Das ist klassischer Journalismus im Prinzip, und das hatte ja quasi früher das Stichwort, gerade öffentlich-rechtlichen: Also, wir denken crossmedial, das passiert auch gerade, der MDR macht das ganz toll jetzt. Aber ich würde mal in dem Fall noch ein bisschen weiterfassen, weil wir da quasi auch dann das Analoge und Formate, die wir jetzt noch gar nicht so definiert haben, mit reindenken.

Julia Sprügel: Aber Sie haben gerade schon diese Dialogformate angesprochen, also vor Ort sind Sie im Grunde nicht nur als Reporter, wenn ich das richtig verstehe, sondern auch fast schon ein bisschen eher als Moderatoren unterwegs. Oder wie kann man das beschreiben?

Jonathan Sachse: Ja, gerade bei dem Thema haben wir überlegt, wenn wir jetzt quasi nur so ganz klassisch über den Online-Weg darauf hinweisen, dass es diese Umfrage gibt, und dann finden wir vielleicht noch die Lokalzeitung in dem Fall, die Mitteldeutsche Zeitung, die auch darauf hinweist, und dann der MDR und so, dann erreichen wir wieder eine sehr spezifische Zielgruppe. Wir wollen aber auch besonders Menschen erreichen, die von Barrieren betroffen sind und die vielleicht diese Medien gar nicht so immer konsumieren und den Blick haben oder die auch selber Barrieren empfinden, daran teilzunehmen. Und da haben wir noch Formate gesucht, und das ist für jemand, der im höheren Alter ist, vielleicht einfacher, diese mobile Lokalredaktion vor Ort auf dem Marktplatz zu betreten und zu berichten, wo man Barrieren im Weg hat, und dann gehen wir halt zusammen an den Rechner und tragen die Barrieren ganz praktisch auch ein. Am Ende. Der Tunnel ist trotzdem so zu Ende gedacht, dass am Ende alles im Digitalen landet, aber genau das waren halt so Diskussionen, die wir geführt haben in dem, was jetzt gerade sozusagen eröffnet ist, wo wir uns einquartieren durften. Dort wurde jetzt extra eine Rampe gebaut für Rollstuhlfahrer, damit wir in solchen einfachsten Sachen dem Rechercheanspruch gerecht werden können. Genau, soweit versuchen wir unterwegs zu sein.

Julia Sprügel: Und vielleicht noch mal kurz zurückgesprungen, auch nochmal zu der großen Recherche, die jetzt so viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Da war es ja jetzt so, es ging richtig los mit den großen Demonstrationen, was ja auch wirklich sehr beeindruckend war. Aber wie ist denn Ihr Eindruck jetzt danach? Also man hatte so ein bisschen das Gefühl, das war super mit den Demonstrationen, das ist gut, dieses Zeichen für Demokratie zu setzen, und es hat ja auch super viele Leute mobilisiert. Aber man ist so ein bisschen da stehen geblieben, also so war so ein bisschen mein Eindruck. Also, wie kann man da noch mal einen Schritt weiterkommen?

Jonathan Sachse: Ja, klar, wir versuchen sehr genau zu verstehen, weiterhin, was die Folgen und Entwicklungen sind, und jetzt geht es ja langsam wirklich Richtung Kommunalwahl in den neuen Bundesländern und die Europawahl vor allen Dingen und dann später noch die Landtagswahlen. Dafür ist das ja total relevant, und ich finde das einerseits nicht überraschend, dass wir jetzt quasi so in unterschiedlichen Wellen unterwegs sind, und der ganze große sichtbare Bereich, nenne ich jetzt mal vor allem die Demonstrationen, dass der jetzt weniger wird. Also, er hat nicht komplett aufgehört. Da könnte man noch, wenn man so die Demokraten sich anguckt, sehen, es finden noch weiter Demonstrationen statt, nicht mehr vergleichbar mit den Dimensionen, die wir hatten. Aber gerade so Lichterketten. Also hier in Berlin Pankow zum Beispiel gibt es immer noch jeden Sonntag 18 Uhr, dadurch ausgelöst immer noch die Lichterkette, die an verschiedenen Straßen stattfindet, und das ist quasi der eine Bereich. Und ich glaube, der Bereich, der spannender ist zu beobachten, ist ja der, der sich daraus so im Hintergrund mehr entwickelt hat, also die Bündnisse, die zusammengekommen sind, die vorher nicht existierten, das Mutmachen in Orten von vermeintlichen AfD-Hochburgen oder auch faktischen AfD-Hochburgen, wo jetzt quasi Menschen zum ersten Mal auf die Straße gegangen sind und jetzt Selbstbewusstsein bekommen haben und sich vielleicht befähigt fühlen, etwas gegen Rechtsextremismus, für die Demokratie zu tun, und dann auch die großen Debatten, die ohne das jetzt direkt eine Meinung reinbringen zu wollen, aber die natürlich weiterhin im Gange sind. Was ist mit dem AfD-Verbotsverfahren, auch wenn es für dieses Wahljahr quasi nichts außer irgendwelche Stimmung, aber nichts Faktisches verändern wird? Die sind ja auch weiterhin da. Das ist, glaube ich, so mein Gefühl. Und dann glaube ich auch daran, dass wir jetzt noch mal unterschiedliche Wellen erleben werden, wo dann Demonstrationen und andere Sachen wieder sichtbarer werden. Einfach weil jetzt die Wahlkampfzeit beginnt. Jetzt fängt man ja erst so an. Ich war jetzt Rennrad fahren, gerade in Brandenburg auf Landstraßen unterwegs am Wochenende, jetzt hängen die Plakate, die hängen aber erst seit kurzem da, und jetzt kommen die ganzen Veranstaltungen, und AfD-Veranstaltungen mit prominenten Gesichtern bedeuten jetzt gerade mehr vielleicht als früher, auch Gegendemonstrationen, und genau deswegen wird es jetzt, glaube ich, noch unterschiedliche Ereignisse geben, wo wir das auch alles nochmal mehr wahrnehmen und auch sichtbarer wird, was sich entwickelt hat.

Julia Sprügel: Sie haben das jetzt gerade gesagt, diese AfD-Hochburgen, die es ja gibt, und auch mit Blick auf die Landtagswahlen, gibt es ja diesen Zusammenhang auch zwischen dem lokalen Journalismus oder dem Nichtvorhandensein von lokalem Journalismus und möglichen rechtspopulistischen Tendenzen in den Regionen. Wie ist das denn mit CORRECTIV Lokal? Setzen Sie da bewusst an, oder was kann man da, also, wo setzen Sie da an?

Jonathan Sachse: Genau, also nochmal kurz zu CORRECTIV Lokal, wer das nicht kennt: Wir haben ein Netzwerk geschaffen für Lokaljournalisten aus ganz Deutschland, von allen aus unterschiedlichen Mediengattungen. Das war uns oder ist mir immer wichtig zu betonen. Da kommen quasi Leute zusammen aus traditionellen Tageszeitungshäusern, neugegründeten Lokalmedien, die vielleicht erst mal nur ein Lokal-Podcast oder ein Lokal-Newsletter sind, oder auch so andere Lokalgattungen wie Bürgerinnenradios oder Fernsehen und Studierendenzeitungen, Obdachlosenmagazine. Das ist für mich alles Lokaljournalismus, und die kommen dort zusammen, und mittlerweile sind das mehr als 1700 Menschen in dem Netzwerk. Und unser Versuch, da anzusetzen, ist, dass wir erst mal diesen Reporterinnen, die dort Mitglied sind, in der Regel nicht die Leitung, ganz bewusst, sondern die Menschen, die die Geschichten machen. Wir wollen etwas schaffen, wo sie befähigt werden, sich ermutigt fühlen, den Wert von lokalem Journalismus und besonders Recherchen zu erkennen, und bieten dafür verschiedene Sachen an und wollen überhaupt mal Leute miteinander verbinden, die vorher einfach nur im Lokalen ihr Ding gemacht haben, vielleicht so ein bisschen noch andere Redaktionen der Umgebung kannten, aber einfach nicht über ihre Berichterstattung-Regionen und vor allem Bundesländer hinweg miteinander verbunden waren. Und das sind Regionen der Hochburgen und anderen. Das finde ich total wichtig, dort besonders die dort unterwegs sind, sozusagen Mut zu machen. Und das kann auf verschiedenen Ebenen passieren. Das kann sein, dass wir, also zum Beispiel findet unsere Lokaljournalismus-Konferenz jetzt wieder statt Ende April in Erfurt, und Erfurt ist ja nicht zufällig gewählt. Thüringen ist der große Hotspot, und dort finden jetzt wirklich alle Wahlen. In diesem Superwahljahr findet quasi jede Wahl in Thüringen auch statt, über die wir gerade so reden. Und das ist quasi bewusst gewählt, um auch Leute dort besonders leicht anreisen zu lassen, die auch in der Nachbarschaft unterwegs sind, dort Journalismus machen. Und wir schauen besonders auf Akteure. Das können auch freie Journalist*innen sein, die gerade überlegen, neue Medien zu gründen, und in Regionen unterwegs sind, wo vielleicht bisher nur ein Monopol-Lokalmedium da war. Oder anderes Problem oft, dass quasi Redaktionen zentralisiert werden und gar nicht mehr so Lokalreporter richtig lokal unterwegs sind. Und diese Leute, die da was entgegensetzen wollen, die wollen wir einfach stärken.

Julia Sprügel: Dann hätte ich zum Abschluss vielleicht noch die Frage, was, wenn Sie sich wünschen könnten, was jetzt mit dem Lokaljournalismus in den nächsten fünf Jahren passiert. Also was bräuchte es, damit das in die richtige Richtung geht?

Jonathan Sachse: Ja, also, ich glaube, es braucht wirklich viele Neugründungen im Lokaljournalismus, weil es einfach der Trend ist, dass immer mehr zentralisiert wird und eingespart wird, und da werden wir nicht die großen Häuser und Verlage bewegen können, dass der komplett gestoppt wird. Ich glaube, der wird eher noch gravierender werden. Und dann sehe ich als Antwort hauptsächlich: Neugründungen schaffen und die vereinfachen und Strukturen dafür schaffen und Menschen, die in den Journalismus reinwollen, auch Mut machen, dass Lokaljournalismus eigentlich der Job ist, wo sie vielleicht am meisten aufgehen können, wo sie am meisten unmittelbar wirken können mit den Superkräften, die Lokaljournalismus hat. Das ist irgendwie direkt an den Leuten. Sehr dialogorientiert kann man dort sein. Man kann seine Community sehr leicht lokal aufbauen, die vielleicht auch unterstützt mit Geld am Ende für dieses lokale Medium. Und das wünsche ich mir, dass da also auf der einen Seite diese Strukturen immer mehr möglich gemacht werden. Wir als CORRECTIV sind ja gemeinnützig, lobbyieren auch ganz öffentlich dafür, dass Journalismus leichter gemeinnützig werden kann, weil dann auch diese Gründungswelle leichter entstehen kann durch spendenfinanzierte lokale Medien. Das ist quasi das eine, und dann sage ich, wenn man den Häusern, die schon existieren, da wünsche ich mir, dass dort neben allen Stärken und Vereinfachungen, die KI bietet, doch mehr darüber diskutiert wird, wie bleiben wir an den Menschen dran, und wie setzen wir Recherchen als Wert, den niemand anderes erfüllen kann, kein anderes nationales Medium. Die setzen bewusst mehr Recherchen ein und zeigen den Menschen auch, deswegen gibt's vor Ort Lokaljournalismus. Wir decken Sachen auf, wir helfen euch, wir stärken Demokratie als Lokaljournalist*innen, also dass das mehr wieder verankert wird und die Verlage das auch möglich machen, ihren Redaktionen dann so zu handeln.

Julia Sprügel: Das war Jonathan Sachse. Jetzt hören wir mal, was Georg Watzlawek sagt, der seit einigen Jahren ein ziemlich erfolgreiches Bürgerportal in Bergisch Gladbach leitet, das die Menschen vor Ort kostenlos mit lokalen Nachrichten versorgt, aber auch Bürgerclubs, eine Wahlarena oder jetzt aktuell ein Europa- und Demokratie-Festival organisiert, alles mit dem Ziel, die Community, also die Stadtgesellschaft, ins Gespräch zu bringen. Ja, lieber

Julia Sprügel: Herr Watzlawek, willkommen zu „sprich“, unserem Podcast! Sie kommen ja aus dem klassischen Journalismus, Sie haben vorher beim Handelsblatt gearbeitet, und dann haben Sie sich überlegt, dass Sie sich selbstständig machen mit einem lokalen Community-Journalismus-Projekt, mit dem Bürgerportal Bergisch Gladbach, und meine Frage an Sie ist, wie kam es denn zu der Idee? Was haben Sie sich dabei gedacht?

Georg Watzlawek: Ja, also, ich denke, ich befinde mich immer noch im klassischen Journalismus. Das hat sich nicht geändert, und das ist auch ein Prinzip, das ich hochhalte, also egal, ob man jetzt in Print oder im Digitalen oder im Community-Journalismus oder wie auch immer man das nennt, unterwegs ist, die klassischen Prinzipien des Journalismus sind die Basis und sollen dort bleiben. Das ist mir ganz, ganz wichtig. Dazu bin ich, weil ich mich auch schon beim Handelsblatt ein bisschen weg vom reinen Print zum multichannel-aufgestellten digitalen Journalismus entwickelt habe, über Blog, über Webseite, über die Online-Plattform, und da festgestellt habe, dass man sehr, sehr viel mehr Möglichkeiten im digitalen Journalismus hat, als nur einen Text zu schreiben und zu veröffentlichen. Und ich bin dann auch sehr schnell bei diesem Community-Gedanken gelandet, im Dialog mit den Lesern. Und dann liegt es natürlich nahe, Lokaljournalismus zu machen, weil man da am einfachsten die Möglichkeiten hat, auch mit einem eigenen Projekt tatsächlich an den Start zu gehen und was Substantielles zu gestalten.

Julia Sprügel: Das heißt, Sie kommen aus Bergisch Gladbach auch und haben dann gedacht, vor Ort, wo Sie wohnen, da bietet es sich an, oder?

Georg Watzlawek: Genau, ja. Also ich komme nicht ursprünglich aus Bergisch Gladbach, sondern wohne, wie die meisten Bergisch Gladbacher hier als jemand, der aus Köln herausgezogen ist, mit einer Familie, und hier jetzt aber auch mehr als 20 Jahren lebt. Ich bin lange Zeit von Köln und später auch nach Düsseldorf gependelt. Das war natürlich ein großer Nachteil für direkte Community-Arbeit, und habe dann gedacht, Bergisch Gladbach ist eigentlich nicht zu kleine Stadt, aber auch keine zu große Stadt, hier könnte man mit einem kleinen Team relativ gut das abdecken, was politisch, kulturell und gesellschaftlich wichtig ist. 

Julia Sprügel: Sie haben jetzt gesagt, der Community-Gedanke, der kam schon relativ bald, als Sie sich überlegt haben, sich selbstständig zu machen. Was heißt das denn konkret im Dialog mit den Leserinnen und Lesern so etwas zu gestalten?

Georg Watzlawek: Auch da würde ich jetzt wieder sagen, eigentlich ist das klassischer Lokaljournalismus. Als Lokaljournalist ist man ja eigentlich in seiner Stadt unterwegs, sichtbar, redet mit den Leuten. Das war früher schon immer so, man war wirklich präsent. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten so ein bisschen aufgelöst, wenn ich das so bei meinen Kollegen beobachte, und genau das wollen wir eigentlich zurück. Also, ich sitze hier in meinem Büro mitten in der Stadt, im Schaufenster. Das heißt, die Leute sehen mich, die sehen uns, sie können reinkommen, sie können mit uns direkt reden, machen das auch mit Themenvorschlägen, mit Kritik, mit Fragen, und das ist sozusagen der Anfang. Darauf aufgesetzt, und dahinter steht natürlich schon das Prinzip, mit den Leuten, mit unseren Leserinnen und Lesern im direkten Austausch zu stehen und zu gucken, dass wir das machen, was sie auch wirklich interessiert, und die Fragen beantworten, die sie haben in ihrer Stadt, in ihrer Community. Das ist ja immer so eine Frage: Was ist eigentlich eine Community? Für uns ist die Community die Stadtgesellschaft hier vor Ort.

Julia Sprügel: Also das sind nicht nur die Menschen, die Sie finanziell unterstützen, indem sie einen Beitrag leisten, sondern das sind alle, die Sie mit Ihrem Medium ansprechen?

Georg Watzlawek: Also, unser Ziel ist es auf jeden Fall, die komplette Stadtgesellschaft zu erreichen. Natürlich erreichen wir nie die ganze, aber eben möglichst viele davon. Darum sind unsere Angebote auch komplett kostenfrei. Es gibt bei uns keine Paywall. Unsere Nutzer zahlen, wenn sie das tun, freiwillig.

Julia Sprügel: Die Themen, die sie aufnehmen, die kommen teilweise aus der Community. Aber sicherlich sind das ja auch so klassische Lokaljournalismus-Themen.

Also, Sie sprechen wahrscheinlich auch viel über den Stadtrat, was entschieden wurde, und es ist ja auch häufig so, dass es dabei oft kontroverse Themen im lokalen Bereich gibt. Ich kenne das jetzt aus meiner Stadt, dass dann auch viel, ja, gerade in den sozialen Netzwerken auch dagegen gewettert wird. Es gibt hitzige Diskussionen. Wie ist das bei Ihnen? Nehmen Sie diese Dialoge, die dadurch entstehen können, auch auf?

Georg Watzlawek: Also ja, wir nehmen sie nicht nur auf, sondern wir bieten eigentlich erst mal eine Plattform für diese Dialoge. Wir sind relativ aktiv in den sozialen Medien, und diese Dialoge sind auch unüberhörbar. Manchmal finden die Gespräche zum Teil auf Facebook statt, was wir versuchen, aber möglichst eher nur zu moderieren und sie auf unsere eigene Plattform, die Kommentarspalte unserer Website, zu holen, was in den letzten Jahren auch relativ gut gelungen ist. Also unsere Artikel, gerade die kontroversen Themen, und das sind schon beispielsweise neue Neu-Nutzung von Grundstücken, Radverkehr, Verkehrswende, die werden auch bei uns sehr, sehr intensiv diskutiert. Da versuchen wir dann schon auch so zu moderieren, dass es einen konstruktiven Weg einschlägt, was natürlich nicht immer einfach ist, wenn da doch bei ziemlich harte Positionen aufeinandertreffen. Aber in der Regel gelingt es dann oft, einen ganz vernünftigen Austausch herzustellen, und wenn das tatsächlich mal gelungen ist oder wenn dort neue Themen auftauchen, dann greifen wir die eben auch auf. Also sei es in unserer Berichterstattung, das ist der erste Schritt, aber indem wir auch dazu Veranstaltungen anbieten, Diskussionsveranstaltungen, Informationsveranstaltungen, auch die Möglichkeit, mit den Verantwortlichen in einen Austausch zu treten. Also, dass sei es der Bürgermeister oder der zuständige Dezernent eingeladen werden und in Diskussionen mit unseren Lesern und Leserinnen, ich würde jetzt nicht sagen gezwungen werden, aber eingeladen werden.

Julia Sprügel: Ich hatte gesehen, dass Sie auch verschiedene Veranstaltungen planen. Ich glaube, gerade machen Sie Politik- und Musikfestivals auch zum Thema Europa. Sie machen aber, glaube ich, so eine Art Wahlarena. Das gehört alles quasi zum Portfolio des Bürgerportals?

Georg Watzlawek: Also was ich vorhin geschildert hatte: Wir laden zu bestimmten Gesprächen ein, das nennen wir Bürgerclub. Das sind so relativ regelmäßige Veranstaltungen alle vier bis sechs Wochen, wo wir sagen, das sind die Themen, die gerade im Moment diskutiert werden. Wie von Ihnen auch schon angesprochen, die liegen gerade auf der Straße liegen, darüber müssen wir mal reden, und laden uns dann ein oder zwei Auskunftgeber ein, mit denen wir dann darüber reden. Zu den Wahlen machen wir größere Geschichten, also in der Regel eine Wahlarena. Das sind dann klassische Podiumsdiskussionen, aber auch eins-zu-eins-Gesprächsangebote, Speeddating oder ähnliche Formate. Einen Nachmittag oder einen Abend mit allen Kandidaten zur Landtagswahl, zur Kommunalwahl, was auch immer gerade ansteht. Jetzt zur Europawahl haben wir ein anderes Format, da machen wir ein Europa- und Demokratie-Festival. Das haben wir jetzt so ein bisschen, das Thema breiter gezogen, was aus den bekannten Anlässen herauskommt, laden dazu auf den Marktplatz ein. Eine sehr, sehr offene Veranstaltung, damit eben nicht nur unsere Kernklientel kommt, sondern auch die Leute, die zufälligerweise vorbeikommen, die die Musik, die dort gespielt wird, anlockt und ins Gespräch bringt. Und auch da gibt es bei diesem Wahl und Europa- und Demokratie-Festival definitiv oder ausdrücklich keine Podiumsdiskussion, also keine Bühne und Frontbeschallung, sondern ganz viele Gesprächsangebote. Wir bauen so eine Art Speakers‘ Corner auf, wo sich angemeldete Leute draufstellen können, aber eben auch diejenigen aus dem Publikum, die sagen, ich habe jetzt ein Thema, das im breitesten Sinne zu Europa und zur Demokratie passt. Dazu möchte ich was sagen und mit denen, die es interessiert, dann auch anschließend ins Gespräch kommen.

Julia Sprügel: Jetzt gibt es ja auch so Diskussionen, oder es gibt immer wieder auch Studien, die belegen, dass in Regionen, wo Lokaljournalismus weniger präsent ist, in Bergisch Gladbach ist das jetzt nicht der Fall, sich das auch durchaus auf die Stadtgesellschaft negativ auswirkt. Also dass es da mehr rechtspopulistische Tendenzen gibt. Hatten Sie auch das im Sinn, als Sie das Bürgerportal in Bergisch Gladbach niedergelassen haben?

Georg Watzlawek: Also, wir haben es ja schon vor zehn Jahren gegründet. Da stand das nicht so stark im Vordergrund. Es ging natürlich schon darum, zu sagen, es reicht eigentlich nicht, nur eine Zeitung, eine Monopolzeitung, einen Monopolverlag vor Ort zu haben, sondern wir brauchen eine zweite Stimme. Und wir brauchen eine moderne Art von Lokaljournalismus, die zugänglich ist für alle Leute. Wir sehen das ja auch hier. Es gibt natürlich eine gute Lokalzeitung oder Regionalzeitung, aber immer weniger Leute lesen sie, immer weniger Leute abonnieren sie. Gute digitale Angebote bieten diese regionalen Verlage oft auch nicht. Da ist es schon sehr, sehr wichtig, dass es weitere Angebote wie eben das Bürgerportal gibt, und das war damals durchaus eines der Motive, die dahinter standen. Auch deshalb, weil wir gesagt haben, es gibt einen Bedarf für diesen Lokaljournalismus, weil sonst hätte das ja überhaupt keinen Sinn gemacht, das auch finanzieren zu können.

Julia Sprügel: Sie sprechen das an mit dem Finanzieren. Sie hatten ja gerade auch schon gesagt, dass ein Teil durch freiwillige Spenden der Community finanziert wird. Wie sieht denn sonst Ihr Geschäftsmodell aus? Also wo beziehen Sie noch Einnahmen aus welchen Quellen?

Georg Watzlawek: Das ist wieder ganz klassisch, wie bei einem Zeitungsverlag schon immer: aus Anzeigen, aus Werbung von lokalen Unternehmen. Das macht bei uns einfach die Hälfte des Umsatzes aus, und die andere, knapp die Hälfte, kommt aus dem Vertrieb, sprich von den Leserinnen und Lesern, jetzt müsste man sagen, es ist aber kein Abo, sondern, und das ist auch keine Spende, sondern das ist ein Beitrag. Dazwischen bewegen wir uns zwischen diesen Begriffen. Das ist jetzt auch nicht so ganz einfach abzugrenzen. Wir definieren es aber so: Wir sagen, es gibt einen Freundeskreis des Bürgerportals, das ist kein Verein und auch keine Institution, sondern ein informelles Gremium. Wer fünf, acht oder 15 Euro im Monat bezahlt, wird Mitglied dieses Freundeskreises, leistet damit einen Beitrag dazu, dass wir unsere Arbeit machen können, dass die ganze Stadtgesellschaft die Chance hat, sich zu informieren, und bekommt am Ende des Tages noch so ein paar kleinere Zusatzangebote, Zusatzgeschenke von uns, die aber nicht mit dem Kerngeschäft verbunden sind. Nachrichten sind für alle frei.

Julia Sprügel: Und hat die Community dann auch sozusagen, also könnte die auch theoretisch mitwirken bei Ihnen und irgendwie selber in Recherchen einsteigen oder Formate vorschlagen?

Georg Watzlawek:Ja, das machen wir jetzt eher in dem informellen Dialog. Also, unser Hauptprodukt ist ja ein täglicher Newsletter, der morgens erscheint, und immer eine persönliche Ansprache hat und oft eben auch aktuelle Themen aufgreift und anspricht und darum um Resonanz bittet. Wie ist eure Meinung dazu? Wie stehen Sie dazu, was sollten wir aufgreifen. Und da kommen auch relativ viele individuelle Rückmeldungen, Hinweise, Fragen. Manchmal machen wir Umfragen, manchmal Abstimmungen dazu. Das ist auf jeden Fall in diesem informellen Bereich. Wir verstehen auch diese Bürgerclubs als eine Art offene Redaktionskonferenz, in der natürlich auch dann Themen gesammelt und Arbeitsaufträge an uns erteilt werden: Bitte geht da noch mal weiter rein. Wie ist es eigentlich damit? Und wie kann es sein, dass hier und da dieses und jenes passiert, nicht passiert? Da passiert ständig etwas.

Julia Sprügel: Also, Sie sind ja sicherlich auch in so ein Netzwerk eingebunden, das andere Lokalmedien in, weiß ich nicht, in NRW oder im ganzen Bundesgebiet betrifft. Wie sehen Sie denn da so die Entwicklungen? Also haben Sie das Gefühl, dass das Modell, das Sie jetzt hier haben, auch adaptierbar ist, dass das auch andere so machen? Ist das etwas, das sich entwickelt gerade?

Georg Watzlawek: Ja, es geht so in mehreren Wellen. Als wir angefangen hatten, vor zehn Jahren, gab es schon so eine Welle mit Medien, die auch so arbeiteten, mit Prenzlauer Berg Nachrichten in Berlin und noch einer ganzen Reihe anderen, von denen die meisten schon wieder vom Markt verschwunden sind. Wir haben im Moment, seit zwei, drei Jahren, eine neue Welle mit Münster 4.0, in Düsseldorf, in Konstanz ein Projekt, die aber alle irgendwo schon dem Community-Journalismus verschrieben sind und eine sehr enge Bindung zu ihren Leserinnen und Lesern haben. Ich glaube, das ist uns gemein. In den Geschäftsmodellen unterscheiden wir uns doch sehr, sehr stark. Wir sind privatwirtschaftlich organisiert, und die anderen sind häufig gemeinnützig, also formal gemeinnützig. Wir setzen auch auf Werbung, andere eben sehr stark auf öffentliche Förderung. Also da gibt es dann doch noch relativ große Unterschiede.

Julia Sprügel: Und was denken Sie, wenn Sie abschließend einen Blick in die Zukunft werfen, was können Sie sich vorstellen, was würden Sie sich wünschen, gerade auch mit Blick auf Ihr Portal und auch andere, die in dem Bereich arbeiten?

Georg Watzlawek: Also, wir sehen, dass es eine große Nachfrage gibt für diese Art von Journalismus. Das ist nicht das Problem. Das große Problem, das wir und alle anderen auch haben, ist eine stabile und auskömmliche Finanzierung. Das sieht man daran, dass einige Portale auch wieder verschwinden, wenn die öffentliche Förderung nicht da ist nach einer Anschubfinanzierung. Bei uns merkt man das daran, dass unsere Personaldecke sehr, sehr dünn ist und wir dann viele Sachen, die wir uns vorgenommen haben oder die wir eigentlich machen wollten und müssten, nicht schaffen. Das ist nach wie vor ein großes Problem. Die Gemeinnützigkeit von Journalismus in Deutschland kommt ja leider nicht voran. Bei den Stiftungen entsteht, glaube ich, mittlerweile ein anderes Verständnis dafür, wie wichtig der Journalismus für die Demokratie ist, und dass man eben auch langfristig fördern muss. Da verstehe ich aber die Fördermodelle noch nicht so richtig, oder ich sehe sie falsch aufgesetzt. Also, da muss noch ein anderes Verständnis entstehen, sowohl bei der Bundesregierung, die ja die Initiative für die Gemeinnützigkeit ergreifen und umsetzen müsste, bei der Gesellschaft insgesamt und natürlich auch bei unseren Leserinnen und Lesern, die das Gefühl haben, ja, ich bekomme eine gute Leistung, und ich bin zumindest in einem geringen Umfang bereit, dafür zu bezahlen. Auch das ist ja noch nicht super weit verbreitet.

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