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Für das Gemeinwohl: Wie unabhängiger Journalismus die Demokratie stärkt

von David Denne und Christine Eitel

Der Journalismus ist im Umbruch. Neben klassischen Massenmedien sind in den vergangenen Jahren immer mehr gemeinwohlorientierte Projekte entstanden. Der gemeinwohlorientierte bzw. gemeinnützige Journalismus ist eine Reaktion auf die vielen Herausforderungen im Medienwesen: Sparzwänge und den damit verbundenen Abbau lokaler Angebote, aber auch die eingeschränkten Möglichkeiten für investigative oder internationale Recherchen. Durch alternative Finanzierungsmodelle und Spenden aus der Bevölkerung können gemeinwohlorientierte Medien diese Engpässe teilweise ausgleichen.

Hostwriter – Kollaborativer Journalismus international

Hostwriter vernetzt Journalist*innen auf der ganzen Welt, damit sie sich gegenseitig bei grenzüberschreitenden Geschichten zuarbeiten können. Ziel des Netzwerks ist, die Qualität von Medieninhalten durch lokale Kontakte weltweit zu steigern und damit die Gesellschaft mit tiefgehenden Recherchen zu informieren – auch bei komplizierten Themen über Landesgrenzen hinweg. Dazu bietet das Netzwerk Workshops und Trainings an. Das Netzwerk ist für die Mitglieder kostenlos. Finanziert wird es vor allem von Stiftungen wie der niederländischen Adessium-Foundation, der Rudolf-Augstein-Stiftung oder der Robert-Bosch-Stiftung.

Amal – Lokale Nachrichten auf Arabisch

Die Internetplattform Amal Berlin schafft für Menschen mit wenig Deutschkenntnissen einen Zugang zu lokaler Berichterstattung. Das Projekt macht in Berlin und Hamburg klassischen Lokaljournalismus auf Arabisch, Farsi und Dari. Einerseits erhalten Menschen damit wichtigen Zugang zu Informationen für ihren Alltag, andererseits bietet Amal geflohenen Journalist*innen eine berufliche Perspektive. Amal wird vom Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik finanziert. Darüber hinaus konnte das Projekt weitere Geldgeber gewinnen, zum Beispiel die Körber-Stiftung und die Schöpflin-Stiftung.

Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft

Correctiv bleibt nichts verborgen – das spendenfinanzierte Recherchezentrum ist auf investigativen Journalismus spezialisiert. Das Kollektiv deckt Missstände, Korruption und unethisches Verhalten durch umfangreiche und langfristige Recherchen auf. Oft erfolgreich: So wurden durch Correctiv beispielsweise der CumEx-Skandal, die AfD-Spendenaffäre oder jüngst die Recherche zu deutschen Hochschulen als Ziel der chinesischen Militärmacht öffentlich. Neben tiefgehenden Recherchen betreibt Correctiv eine eigenständige Faktencheck-Redaktion. Diese stellt Falschinformationen richtig, damit Menschen informierte Entscheidungen für Demokratie und Zusammenleben treffen können. Dazu betreibt und unterstützt Correctiv zahlreiche andere Projekte, die den Journalismus nachhaltig stärken – beispielsweise die Weiterbildungsplattform Reporterfabrik oder das Online-Medium #ÖZGÜRÜZ, mit dem unterdrückte Stimmen aus der türkischen Medienlandschaft verbreitet werden. Private Spenden, aber auch Stiftungen und Institutionen unterstützen Correctiv finanziell.

Welche Eigenschaften sollte gemeinnütziger Journalismus erfüllen? Das hat das Forum Gemeinnütziger Journalismus herausgearbeitet. Zentral sind demnach ein redlicher Umgang mit Recherchen und Veröffentlichungen sowie Transparenz und Selbstlosigkeit. Was damit gemeint ist, erklären diese Leitlinien.

Starker Journalismus ist ein wichtiger Bestandteil für eine freie Gesellschaft – das zeigen vor allem Länder, in denen Journalist*innen nicht frei berichten können. Nichtsdestotrotz stehen Medienschaffende auch in vielen Demokratien vor (finanziellen) Problemen, welche die Möglichkeiten zur Berichterstattung einschränken. Hostwriter, Amal und Correktiv sind nur drei von vielen guten Beispielen, die zeigen: Indem gemeinwohlorientierte Medien Aufgaben übernehmen, denen privatwirtschaftliche Medienhäuser aufgrund finanzieller Zwänge nicht immer gerecht werden können, sind sie eine wichtige Ergänzung in der Medienlandschaft. Sie fördern zudem die Vernetzung von Journalist*innen untereinander und streben journalistische Innovationen an. Am Ende dient das vor allem uns – der Gesellschaft: Denn dank neuer und verlässlicher Informationsquellen können wir uns eine Meinung bilden.

Mehr Informationen zu gemeinnützigem Journalismus, den vorgestellten Projekten und weitere finden Sie im Report Wozu Non-Profit-Journalismus?.

Das Engagement gemeinwohlorientier Journalist*innen wurde nun honoriert: Der Ampel-Koalitionsvertrag nimmt gemeinwohlorientierten Journalismus auf die Agenda. Redaktionen, die nicht gewinnorientiert arbeiten, sollen in Zukunft als gemeinnützig anerkannt werden. Sie werden dadurch finanziell entlastet und unterliegen nicht den üblichen Marktmechanismen der Branche: Klicks, Quote und Auflage. Im Mittelpunkt stehen stattdessen die Relevanz des Themas für die Gesellschaft und vor allem die Interessen der Allgemeinheit. 

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